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Funkenrohrs zeigte auch jetzt während der ganzen Dauer des Versuchs nicht die leiseste Veränderung.

Nun wurde der Kugelapparat zum dritten Male mit frischer Jodkaliumlösung gefüllt und die Entfernung des eingedrungenen Stickstoffs, wie früher, abgewartet. Der Versuch wurde genau in derselben Weise wiederholt, die Inductionsrolle in Thätigkeit erhalten, das Funkenrohr bei i dagegen der Flamme einer kleinen Spirituslampe ausgesetzt. Die Jodkaliumlösung zeigte nun auch nicht die leiseste gelbe Färbung, und selbst nach Verlauf einer Stunde konnte auf Zusatz von Salzsäure und Stärkelösung nicht die geringste Bläuung derselben wahrgenommen werden. Nach der Entfernung des vorgelegten Jodkaliumapparates liefs sich das dem Rohr entströmende Gas leicht durch den Geruch prüfen. Durch dieses Mittel konnte auch nicht die geringste Spur von Ozon erkannt werden, in dem Augenblicke aber, als die Erhitzung bei i unterbrochen wurde, zeigte sich der penetranteste Ozongeruch, der nach Unterbrechung des Funkenstroms sogleich verschwand, mit demselben aber jedesmal augenblicklich zurückkehrte.

Die Menge des im vorigen Versuch nach einer Stunde ausgeschiednen Jods überwiegt, den früheren Betrachtungen gemäfs, die aus einer Verunreinigung mit Wasserdampf mögliche Ozonmenge um mehr als das neunfache. Hieraus kann geschlossen werden, dafs es wirklich einen allotropischen Sauerstoff giebt, der bei gewöhnlichen Temperaturen mit einer Verwandtschaft begabt ist, welche an Stärke sogar die des Chlors übertrifft.

Die Bedingungen, unter denen diese Allotropie des Sauerstoffs auftritt, sind sehr merkwürdig. Bei fast allen übrigen Körpern ist die durch Temperaturerhöhung bewirkte Allotropie durch eine auffallende Schwächung der Verwandtschaft charakterisirt. Hier dagegen sehen wir durch eine Temperaturerhöhung von der höchsten Intensität und kürzesten Dauer einen Zustand hervortreten, der gerade umgekehrt durch eine Steigerung der Verwandtschaft bezeichnet ist. Dafs dieser Zustand nur in den höchsten Tem

peraturen erzeugt wird und, einmal erzeugt, bei der Erwär mung von nicht einmal 200° schon wieder verschwindet, ist nicht minder merkwürdig, obwohl erklärlich. Der Uebergang des allotropischen Phosphors in gewöhnlichen Phosphor erfolgt nicht momentan, sondern in einem länger dauernden Zeitraum. Ebenso kann sehr wohl der bei der hohen Temperatur des elektrischen Funkens allotropisch gewordne Sauerstoff bei rascher Abkühlung das Intervall von jener Temperatur bis zu 200° ohne vollständige Zurück führung in den gewöhnlichen Zustand durchlaufen, wenn die Dauer der Abkühlung schneller ist, als die Zeit, deren er bedarf, um in jenem Temperaturintervall in die gewöhnliche Modification zurückzukehren. Es wird daraus verständlich, wie immer nur ein so geringer Bruchtheil des gesammten Sauerstoffs in dem bleibenden Zustande jener Allotropie erhalten wird, und wie dieser Zustand bei Temperaturen über 200° so leicht wieder verschwindet. Es steht zu erwarten, dafs die Temperatur, bei welcher das Ozon in Wasser und Sauerstoff zerfällt, und diejenige, bei welcher der allotropische Sauerstoff in gewöhnlichen übergeht, nicht dieselbe ist. Ich hoffe auf diesen Gegenstand später noch einmal zurückzukommen. Bei der vorstehenden, im Heidelberger Laboratorium ausgeführten, Untersuchung hatte ich mich des gütigen Rathes des Hrn. Professor Bunsen zu erfreuen, für welchen ich ihm meinen wärmsten Dank ausspreche.

III. Zweiter Beitrag zur Katoptrik und Dioptrik krystallinischer Mittel mit einer optischen Axe; von Beer in Bonn.

Die Formeln, welche Malus und Biot für die Bewegung des Lichtes in krystallinischen Mitteln aufgestellt haben, setzen uns zwar in den Stand, in dem jedesmal gegebenen Falle den reflectirten oder gebrochenen Strahl seiner Richtung nach zu bestimmen; dahingegen halten sie gewissermassen viele allgemeine Lehrsätze versteckt, deren Kenntnifs wesentlich dazu beitragen würde, einen allgemeineren Ueberblick über die Brechungs- und Spiegelungsgesetze dieser Mittel zu gewinnen. Einige solcher Sätze habe ich bereits in dem zweiten Hefte des Bandes 88 dieser Annalen veröffentlicht; weitere Ergebnisse, die sich auch wieder auf Mittel mit einer einzigen optischen Axe und mit ebenen Begränzungsflächen beschränken, lege ich in diesem Aufsatze nieder.

1. Spiegelbilder eines leuchtenden Punktes, der sich im Innern einer einaxigen Krystallplatte befindet.

In der Fig. 8 Taf. I. stelle P einen leuchtenden Punkt dar, dessen Licht auf die Ebene TT fällt, welche das krystallinische Mittel I von dem Mittel II trennt, dessen optische Beschaffenheit für unsere Frage unbestimmt bleiben kann. Von dem Oscillationscentrum P breiten sich ordentliche sphärische und aufserordentliche ellipsoïdische Wellen aus. Eine von den letzteren sey E, und sie berühre die Trennungsfläche im Punkte p. Während sich die Welle E ausbreitet, werden immer neue Punkte der Ebene TT von eben dieser Welle getroffen und treten als ebenso viele neue Oscillationscentra auf; es entwickeln sich insbesondere aus ihnen Wellenflächen, die sich in das Mittel I hinein ausbreiten, und deren gedoppelte Umhüllungsfläche die Wellenfläche der von E angeregten reflectirten Lichtbe

wegung ist. Zunächst wird es sich darum handeln, diese Enveloppe zu finden. Wie verfahren zu dem Ende wie folgt, indem wir vorerst nur die aufserordentlichen Oscillationen im Auge behalten. Für einen Augenblick denken wir uns das zweite Mittel als mit dem ersten identisch, und fragen uns, welches ist der Ort der Welle E nach irgend einer Zeit t? Um die einzelnen Punkte von E als Mittelpunkte construire man die der Zeit t entsprechenden ellipsoïdischen Wellenflächen des Mittels I, die unter einander gleich und mit E ähnlich und ähnlich liegend sind. Die äufsere Enveloppe E, ist der Ort der Welle E zur Zeit t. Den Theil mon der Welle E, erhalten wir aber auch, wenn wir um die Punkte des Theiles mn der Trennungsfläche die ellipsoïdischen Wellen e construiren, die mit E ähnlich und ähnlich liegend sind, und die den Zeiten entsprechen, welche bis zur Zeit t von den einzelnen Momenten an verfliefsen, wo die Punkte des ebenen Stückes mn von der Welle E getroffen werden. Die eine Umhüllende dieser Elementarwellen mufs nothwendig mit E, zusammenfallen; was aber ihre zweite Enveloppe E' betrifft, so ist klar, dafs diese nichts Anderes ist, als die Wellenfläche für denjenigen Theil des reflectirten Lichtes, welcher aus den von der Welle E und ihren Correspondenten erregten aufserordentlichen Oscillationen besteht. Verschieben wir die Welle E, in der Richtung Pp, bis ihr endlicher Durchschnitt mit TT in ihren ursprünglichen Durchschnitt fällt, so fallen auch die Flächen E, und E' ganz zusammen. Die Fläche E, also auch E' ist ein mit E ähnliches und ähnlich gelegenes Ellipsoïd, und die Verbindungslinie PP' der Mittelpunkte von E, und E' ist ein der Ebene TT in Bezug auf das Ellipsoïd E, oder, was dasselbe heifst, in Bezug auf die aufserordentliche Wellenfläche conjugirter Durchmesser der letzteren. Endlich ist auch noch Pp=pP'. Aus allem diesen folgt: Ein Theil des Lichtes, welches als aufserordentliche Oscillationen vom Punkte P ausgeht, wird, ebenfalls als aufserordentliche Oscillationen, von der Trennungsfläche so zurückgestrahlt, als käme es von einem

Punkte P, den wir das aufserordentliche Spiegelbild von P nennen wollen. Dieses Bild liegt ebenso weit hinter der spiegelnden Fläche, als der leuchtende Punkt vor derselben, und die Verbindungslinie PP' hat die Richtung desjenigen Durchmessers des ellipsoïdischen Theiles der Wellenfläche, welcher der spiegelnden Ebene conjugirt ist.

Die Oscillationen der betrachteten Welle E erregen aber nicht blofs die ellipsoïdischen Elementarwellen e, Fig. 8 Taf. I, sondern auch die denselben entsprechenden kugeligen Wellen k, Fig. 9. Und die Enveloppe E' der letzteren liefert uns für die Zeit t die Wellenfläche eines zweiten Theiles von reflectirtem Lichte, desjenigen nämlich, welches aus ordentlichen Oscillationen besteht, die aber von aufserordentlichen Wellen angeregt werden. Der Grad der Fläche E' übersteigt im Allgemeinen den zweiten. Die Strahlen dieses reflectirten Lichtes besitzen eine eigentliche Brennfläche, und zwar ist diefs diejenige Fläche, welche von den Normalen der Fläche E' berührt wird, denn die in der Zeit aufeinanderfolgenden Oerter der Welle E' sind Parallelflächen, weil die Elementarwellen von sphärischer Gestalt sind.

Gehen wir jetzt zur Betrachtung der ordentlichen Wellen über, die vom leuchtenden Punkte ausgehen. Eine derselben ist die Kugelfläche K, Fig. 10 Taf. I., welche die spiegelnde Ebene in p berührt. Wie im Vorhergehenden schliefsen wir, dafs die Kugeln k, deren Mittelpunkte auf TT liegen, und welche die Kugelfläche K,, in die sich K nach der Zeit verwandelt hat, berühren, anzusehen sind als die Elementarwellen für denjenigen Theil des reflectirten Lichtes, welcher aus ordentlichen Oscillationen besteht. Die zweite Enveloppe K' dieser Wellen ist die Wellenfläche des reflectirten Lichtes; sie ist eine Kugelfläche von derselben Gröfse wie K und mit dieser in Bezug auf TT symmetrisch gelegen. Dieser Theil reflectirten Lichtes ist somit wieder homocentrisch, und sein Centrum ist das gewöhnliche Spiegelbild des Punktes P.

Construirt man endlich zu den Kugeln k der 10. Figur die zugehörigen ellipsoïdischen Hälften e, Fig. 11, der Ele

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