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108 Augenblicke ist die obige Gleichung gültig; was dann geschieht kann nicht mehr aus den Gleichungen (1) abgeleitet werden, sondern muss durch eine besondere Betrachtung ermittelt werden. Am passendsten scheint der Vergleich mit einer überschlagenden Wasserwelle zu sein. Jedenfalls müssen aber die eintretenden Aenderungen in der ganzen Ausdehnung der Wellegleichmässig eintreten, sodass doch wieder ebene Wellen anderer Form entstehen, und nach denselben Gesetzen fortschreiten wie vor der Aenderung.

Damit ist die principielle Schwierigkeit beseitigt. Uebrigens möchte in der Praxis die Formänderung ebener Schallwellen und ihre Brandung kaum von Wichtigkeit sein bei der ungemein geringen Amplitüde reiner musikalischer Töne. Ist w verschwindend klein gegen a, so verändert sich die obige exacte Formel in die bekannte:

w = Y (z— at) •

Uebrigens ist zu bemerken, dass wir in den Fällen, wo wir die exacte Formel anwenden müssen, nicht mehr Wellen verschiedener Richtung durch Addition zusammensetzen dürfen, weil die ungestörte Superposition der Schwingungen bei einer solchen Intensität derselben nicht mehr stattfindet. Es äussert sich dies in der Rechnung dadurch, dass eine Summe particulärer Integralgleichungen die Gleichungen I. nicht mehr erfüllt.

Ein gleicher zu beseitigender Einwand von Hrn. Challis gegen die gewöhnliche Theorie des Schalles bezieht sich auf die Kugelwellen. Das bekannte particuläre Integral der Gleichungen für kleine Schwingungen für diese Art der Bewegung ist:

[blocks in formation]

Nehmen wir an, es sei nur eine einzelne Welle vorhanden, deren Mitte den Radius R habe, deren Breite 2 dagegen vernachlässigt werden könne, und die in einem gleichmässig mit ruhender Luft angefüllten Raume fortschreite, so ist der Ausdruck für die Quantität von Masse, welche in dem von der

Welle durchlaufenen Raume mehr vorhanden ist als im ruhigen Zustande:

[blocks in formation]

Sie wächst also mit der Zeit in demselben Verhältnisse 109 wie der Radius, wenn das Integral einen bestimmten positiven Werth hat, und da die unbestimmte Function darin nach Belieben geändert werden kann, so kann man dem Integral jeden beliebigen Ziffernwerth ertheilen. Nach Hrn. Challis würde also diese Integralgleichung die Folgerung zulassen, dass sich die Quantität der vorhandenen Materie entweder vermehren oder vermindern könne. Hr. Stokes weist Bd. XXXIV S. 54 dagegen nach, dass die Gleichung, welche man aus jener Integralgleichung der Dichtigkeit für die Geschwindigkeit der Lufttheilchen ableiten könne, ausser den Vibrationen, die der Wellenbewegung angehören, noch eine zum Centrum gerichtete oder von ihm ausgehende Geschwindigkeit angebe, wenn der Ausdruck frat) dr einen positiven oder negativen Werth habe, und dass daher die Vermehrung oder Verminderung der Masse rühre. Die Antwort von Hrn. Challis dagegen ibd. S. 91 ist keine.

In dem grössten Theil seiner späteren Aufsätze bemüht sich Hr. Challis nachzuweisen, dass seine nicht divergirenden Wellen den Forderungen der exacten Bewegungsgleichungen Genüge leisten. Er findet für Wellenformen, welche ohne Veränderung der Gestalt parallel der Axe der z fortschreiten sollen, eine bestimmte Gestalt, ausgedrückt durch eine Consinusreihe von z-at, (Bd. XXXIII S. 363, Gleichung 1 und 2), während die Vertheilung rund um die Axe der z ausgedrückt bleibt durch eine partielle Differentialgleichung zweiten Grades nach und y. Die mathematische Entwicklung erregt einige Bedenken, weil er mehrere Male Sätze, die aus den ungenaueren Gleichungen (II) geflossen waren, erst nachdem er sie eine Weile gebraucht hat, durch andere ersetzt, welche aus den exacten Gleichungen hergeleitet sind. Aber selbst wenn seine nicht divergirenden Wellen

Helmholtz, wissensch. Abhandlungen.

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unveränderlich fortschreiten, so beweist das noch nichts für die Nothwendigkeit, dass wir alle Schallwellen in solche zerlegen müssen, weil in allen Fällen, wo die exacteren Gleichungen gebraucht werden müssen, überhaupt keine einfache Zusammensetzung und Zerlegung der Wellen mehr stattfindet. In denjenigen Fällen aber, wo die nicht exacten Gleichungen anwendbar sind, ist es eine kühne Hoffnung, dass durch Zu110 sammensetzung seiner linearen Wellen zu ebenen und sphärischen eine andere Bewegung herauskommen soll, namentlich eine andere Fortpflanzungsgeschwindigkeit, als die der ebenen Wellen, in welche nachweislich jene linearen aufgelöst werden können.

Hr. Blake hat den Unterschied der aus dem Mariotte'schen Gesetz berechneten Schallgeschwindigkeit von der wirklichen noch auf eine andere Weise zu erklären versucht. sucht nämlich auf elementare Weise sich einen Ausdruck zu verschaffen für die Aenderung jener Geschwindigkeit durch Steigerung der Intensität des Schalls. Dieser Ausdruck ist aber falsch, weil er ihn herleitet aus der Annahme, dass alle Theile der Welle sich mit gleicher Geschwindigkeit fortbewegen, was nach der oben hingestellten exacten Integralgleichung für ebene Wellen nicht der Fall ist. Er nimmt dann an, dass erst Schall von einer gewissen Intensität gehört werde, und dass die beobachtete Schallgeschwindigkeit eben deshalb grösser sei, als die für eine verschwindend kleine Intensität berechnete.

Hr. Wertheim hatte eine ausgedehnte Arbeit zur Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in verschiedenen Flüssigkeiten ausgeführt. Er berechnet dieselben aus den Tönen von Orgelpfeifen, in welchen die betreffende Substanz in Longitudinalschwingungen versetzt wird. Der erste Theil seiner Arbeit besteht in einem Studium der Eigenthümlichkeiten dieser Bestimmungsweise an den Tönen, welche solche Pfeifen in der Luft geben. Bekanntlich sollten die Schwingungszahlen von Tönen verschiedener Pfeifen genau im umgekehrten Verhältniss der Pfeifenlänge stehn, wenn die Luftbewegung in denselben

rein longitudinal wäre. Da dieselbe aber an den beiden Oeffnungen der Pfeife beträchtlich von dieser Voraussetzung abweicht, so trifft dieses Gesetz nie genau zu, und zwar desto weniger, je weiter die Pfeife ist. Hr. Wertheim hat angenommen, diese Störung könne bei einer und derselben Pfeife, der man verschiedene Längen giebt, nach ihrer Wirkung gleichgesetzt werden einer bestimmten Verlängerung der Pfeife, 111 und hat diese letztere berechnet aus den Tönen, welche er bei drei verschiedenen Pfeifenlängen erhielt. Diese Annahme ist aber nur annähernd richtig, wie sich theils aus Experimenten Anderer), theils aus den Wertheim'schen selbst ergiebt, da in allen Fällen, wo die Correctionen einen beträchtlichen Werth annehmen, die drei Werthe, welche man durch Combination je zweier von den drei Beobachtungen berechnen kann, merklich sich unterscheiden und zwar meist in demselben Sinne. Die Grösse dieser Correctionen ist veränderlich nach der Weite der Pfeife, nach der Gestalt der Mundöffnung, Stärke des Anblasens u. s. w.; sie ist in vielen der angeführten Versuche bis zu g der kürzesten Pfeifenlänge. Eine zweite Schwierigkeit bei genauen Bestimmungen macht die Veränderlichkeit des Tons nach der Heftigkeit des Anblasens; je grösser die letztere, desto höher wird der Ton, daher auch der aus den Obertönen berechnete Grundton stets höher liegt als der direct beobachtete. Hr. Wertheim hat sich dieser Störung dadurch zu entziehen gesucht, dass er die drei zusammengehörigen Versuche bei gleicher Ausflussgeschwindigkeit, controlirt durch gleichen Druck des Manometers, anstellte, und wenn er Obertöne erhielt, aus diesen den zugehörigen Grundton berechnete. Er fand dabei, dass die Druckhöhen, welche die den einfachen Zahlen entsprechende Reihe der Obertöne hervorriefen, wuchsen im Verhältniss der Quadrate dieser Zahlen. Die so berechneten Schallgeschwindigkeiten stimmen ziemlich mit der direct beobachteten 332,3 Min.; meist sind sie etwas kleiner bis zu 2 Procent. Um die Pfeifen in tropfbaren Flüssigkeiten ertönen zu machen, muss die Mundöffnung schmaler und kürzer sein, als in der Luft; Hr. Wertheim hat viele Versuche anstellen

1) Siehe Liscovius in Pogg. Ann. LVIII. 95.

müssen, um die beste Stellung der Lippen der Pfeife zu finden, hat aber endlich an offenen Pfeifen ebenso klare und reine Töne erhalten, wie in der Luft; von anderen Nebentönen der Lippen oder des Metalls der Pfeife soll man dieselben leicht durch den Klang unterscheiden können; wesentlich für das Gelingen ist, dass die Flüssigkeiten von Staub und Luftblasen 112 rein sind. Die Correctionen und Unregelmässigkeiten sind im Wasser meist geringer als in der Luft. Das Mittel seiner Versuche für Wasser zwischen 10 und 20° C. ist 1173,4 m., wovon die einzelnen Versuche bis zu 3 Proc, abweichen. Mit dem Coëfficienten V multiplicirt, über dessen Bedeutung nachher, giebt dieselbe 1437,1 m., welche Grösse fast zusammenfällt mit der von Colladon und Sturm im Genfer-See bei 9° gefundenen 1435 m.

Es folgen noch Bestimmungen der Schallgeschwindigkeit vom Meerwasser in denselben, von verschiedenen anderen Flüssigkeiten in einem kleineren Apparate angestellt. Ich gebe in der folgenden Tabelle unter v die noch nicht mit V3 multiplicirte Schallgeschwindigkeit, unter c die cubische Zusammendrückung durch 100 Atmosphären.

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Die Werthe der Zusammendrückbarkeit sind berechnet unter der Voraussetzung, dass die Schallgeschwindigkeit im unbegrenzten Medium erhalten werde aus der in der Orgelpfeife bestimmten dnrch Multiplication mit V.

Hr. Wertheim bemerkt, dass die bisher direct gemessenen Werthe derselben mit Ausnahme der des Aethers hinreichend übereinstimmen mit den berechneten, und dass die

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