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283 für jetzt genügen, als einfachstes Beispiel die Bewegung eines einzelnen Massenpunktes unter dem Einfluss eines Wellenzuges zu betrachten, um das Resultat daran zu entwickeln. Nach einer ganz ähnlichen Methode lassen sich auch die Bewegungen der Luft und anderer elastischer Medien behandeln. Ein Punkt von der Masse m soll in Richtung der x-Axe oscilliren können. Die Kraft, welche ihn in seine Gleichgewichtslage zurückzuführen strebt, sei:

k = ax + bx2.

Es mögen auf ihn zwei Schallwellenzüge einwirken mit der Kraft fsin (pt) und g sin (qt+c), so ist seine Bewegungsgleichung:

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d2x

m = ax + bx2 +ƒ sin (pt) + g sin (qt + c).

d t2

Diese Gleichung kann man durch eine Reihe integriren, indem man darin setzt:

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und die mit gleichen Potenzen von & multiplicirten Glieder einzeln gleich Null setzt, also:

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a

x1 = A sin (t √ % + b) + u sin (pt) + v sin (qi + c),

x1

wobei:

m

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Es ist dies das bekannte Resultat für unendlich kleine Schwingungen, wonach der mitschwingende Körper nur seinen eigenen Ton Vam und die ihm mitgetheilten p und q angiebt. Da der Eigenton hierbei schnell verschwindet, können wir A O setzen. Dann giebt die Gleichung (2):

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Dieses zweite Glied der Reihe von enthält, wie man sieht, ausser einer Constanten, die Töne 2p, 2q, (pg) und (p + q). Ist der Eigenton Va/m des mitschwingenden Körpers tiefer als (q), wie man es für das mit den Gehörknöchelchen verbundene Trommelfell des Ohres in den meisten Fällen wird voraussetzen dürfen, und sind die Intensitäten u und v nahe gleich, so wird von den einzelnen Gliedern von 2 der Ton (p-q) die grösste Intensität haben; er entspricht dem bekannten tiefen Combinationstone. Der Ton (p + q) wird viel schwächer sein, und die Töne 2p und 2q werden als schwache harmonische Obertöne der primären schwer zu hören sein.

Das dritte Glied der Reihe x, enthält die Töne 3p, 39, 2pq, 2pq, p+2q, p2q, p P und q. Von diesen ist 2pq oder 2q-p ein Combinationston zweiter Ordnung nach Hällströms Bezeichnung. Ebenso giebt das vierte Glied Combinationstöne dritter Ordnung u. s. w.

x4

Wenn wir nun annehmen, dass bei den Schwingungen des Paukenfells und seiner Annexa das Quadrat der Elongationen auf die Schwingungen Einfluss gewinnt, so geben die ausgeführten mechanischen Entwickelungen einen vollständigen Aufschluss über die Entstehung der Combinationstöne. Namentlich erklärt die neue Theorie ebensogut das Entstehen der Töne (p+7), wie der Töne (p-q), und lässt einsehen, warum bei vermehrter Intensität u und v der primären Töne die der Combinationstöne, welche proportional uv ist, in einem schnelleren Verhältnisse steigt.

Aus der Voraussetzung über die Grösse der wirkenden Kraft, welche wir oben gemacht haben:

k = ax + bx2,

281

folgt, dass, bei einem Zeichenwechsel von x, k nicht blos sein Zeichen, sondern auch seinen absoluten Werth ändert. Diese 285 Annahme passt also nur auf einen elastischen Körper, der sich

gegen positive und negative Verschiebungen nicht symmetrisch verhält; nur bei einem solchen kann das Quadrat der Elongationen Einfluss auf die Bewegungen haben, und die Combinationstöne erster Ordnung hervorrufen. Unter den im Ohre des Menschen vorhandenen schwingenden Theilen ist nun besonders das Trommelfell durch seine Asymmetrie ausgezeichnet, indem es durch den Stiel des Hammers stark nach innen gezogen ist, und ich glaube deshalb die Vermuthung aufstellen zu dürfen, dass namentlich diese eigenthümliche Form des Trommelfells das Entstehen der Combinationstöne bedinge.

Es folgt aus den gegebenen Entwickelungen, dass Combinationstöne nicht nur im Ohre, sondern auch ausserhalb des Ohres objectiv entstehen können. Es ist mir bisher erst in einem Falle gelungen die objective Existenz der Combinationstöne nachzuweisen, nämlich an der von Dove beschriebenen mehrstimmigen Sirene, wo sie bekanntlich in ausserordentlicher Stärke auftreten. Ich fand, dass die Töne (p + q) dieses Instruments im Stande sind eine Membran, deren Grundton mit ihnen übereinstimmt, in Mitschwingung zu versetzen. Ausserdem beobachtete ich an einer ähnlichen Sirene, welche ich habe construiren lassen, und welche auf derselben Axe zwei Scheiben mit je vier Löcherreihen trägt, und für jede Scheibe einen besonderen Windkasten hat, dass die Combinationstöne nur dann ungewöhnlich stark sind, wenn beide primäre Töne an derselben Scheibe, nicht aber, wenn jeder an einer anderen Scheibe angegeben wird. Die Beziehung des Ohrs zu den beiden Tönen wird dadurch nicht geändert, dass ihre Erregungsstellen entfernter voneinander liegen, wohl aber wird dadurch vermieden, dass die am stärksten schwingenden Centra der beiden Wellenzüge ineinander greifen. Auch daraus ergiebt sich die objective Natur dieser Combinationstöne.

XV.

Ueber Combinationstöne.

Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie. Bd. 99.
S. 497-540. (1856.)

Man weiss im allgemeinen, dass wenn in derselben Luft- 197 masse von mehreren tönenden Körpern Schallwellenzüge erregt werden, jedes einzelne Wellensystem sich so ausbreitet und so verhält, wie wenn die übrigen gar nicht vorhanden wären. Es findet eine ungestörte Superposition der verschiedenen Wellenzüge in der Luftmasse statt. Andererseits weiss man, dass auch das menschliche Ohr, gleichzeitig von mehreren solchen Schallwellenzügen getroffen, die Fähigkeit hat jeden einzelnen unter ihnen einzeln wahrzunehmen und zu erkennen. Aber das Ohr hört in solchem Falle nicht blos die verschiedenen von den tönenden Körpern erregten Töne, sondern es hört ausser diesen, wenn auch schwach, noch andere Töne, die Combinationstöne, welche nicht primär von einem der tönenden Körper, sondern erst secundär durch das Zusammentreffen zweier primären Töne entstehen. Da man der ungestörten Superposition der Schallwellenzüge in der Luft gewiss zu sein glaubte, hat man die Combinationstöne bisher stets als subjective Erscheinungen aufgefasst, d. h. als solche, die nur in der besonderen Weise, wie der Hörnerv die Schallvibrationen empfindet, gegründet sind. Sobald es sich darum handelt, die fundamentalen Eigenschaften des Hörnerven festzustellen, bilden die Combinationstöne einen Gegenstand von besonderer Wichtigkeit. Da ich ausserdem fand, dass sowohl in Bezug auf die Thatsachen noch Zweifel bestehen konnten, als auch die bisherigen Erklärungsweisen noch nicht eine feste Formu

498 lirung klarer Begriffe über die Thätigkeit des Hörnerven zuzulassen schienen, so glaubte ich es nützlich den genannten Gegenstand einer neuen Untersuchung zu unterwerfen. Dabei fand ich eine neue bisher unbekannte Classe von Combinationstönen, welche in die bisherigen Theorien nicht hineinpasste; ich fand, dass es auch objective Combinationstöne giebt, welche unabhängig vom menschlichen Ohre bestehen, und dass man endlich eine von den bisherigen ganz verschiedene Theorie der Combinationstöne geben kann, bei welcher für ihre Erklärung keine besondere Eigenschaft des Hörnerven vorausgesetzt wird, und welche vollständiger als die bisherigen die Thatsachen umfasst.

1. Bestimmung der tieferen Combinationstöne von zwei einfachen Tönen.

Die ersten Angaben über die Höhe der im Jahre 1745 von Sorge entdeckten, später von Tartini weiter untersuchten Combinationstöne beziehen sich nur auf den Fall, wo das Schwingungsverhältniss der beiden primären Töne durch zwei um eine Einheit verschiedene ganze Zahlen m und m + 1 ausgedrückt werden kann. In derselben Zeit, wo die primären Töne m und m + 1 Schwingungen vollführen, macht der Combinationston eine Schwingung (nicht, wie Tartini irrthümlich behauptete, zwei). Nach der Analogie dieses Falles hat Chladni1) die allgemeinere Regel ausgesprochen, dass überhaupt in allen Fällen, wo das Schwingungsverhältniss der primären Töne durch zwei relative Primzahlen m und n ausgedrückt werden kann, die Höhe des Combinationstones durch die Zahl 1 auszudrücken sei. Dieses Gesetz scheint er aber nur aus seiner theoretischen Ansicht über die Entstehungsweise der Combinationstöne gefolgert zu haben. W. Weber) modificirte dies Gesetz später noch weiter, sodass es auch auf irrationelle Tonverhältnisse passte, und schloss sich dabei der 499 Beobachtung an, dass auch ein nicht ganz rein gestimmtes Intervall ziemlich denselben Combinationston giebt wie ein rein gestimmtes. Er schrieb vor das Schwingungsverhältniss in

1) Akustik, Leipzig 1802, S. 207.

2) Poggendorff's Annalen Bd. XV, S. 216.

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