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einen Kettenbruch zu entwickeln, und daraus die Reihe der Näherungswerthe zu finden. Jedem einzelnen Näherungswerthe könnte dann ein besonderer Combinationston entsprechen.

Dagegen stellte Hällström), sich auf eine grosse Reihe eigener Beobachtungen stützend, das Gesetz auf, dass in jedem Falle, wenn m und n die Schwingungszahlen der primären Töne sind, die Schwingungszahl des ersten Combinationstones m — n sei. Diese Regel fällt mit der älteren nur dann zusammen, wenn m und n ganze Multipla von (mn) sind, wenn also das Schwingungsverhältniss der beiden primären Töne durch zwei um eine Einheit verschiedene ganze Zahlen ausgedrückt werden kann. Wäre aber zum Beispiel das Schwingungsverhältniss 5:3, so würde nach Chladni der Combinationston 1, nach Hällström dagegen der Ton 2 entstehen.

Schon Thomas Young) hatte bemerkt, dass zuweilen zwei Combinationstöne zu hören sind, z. B. bei der grossen Terz die Quarte unter dem Grundtone neben der zweiten tieferen Octave. Hällström erklärt das Entstehen solcher anderen Combinationstöne dadurch, dass der erste Combinationston mit einem der primären Töne einen Combinationston zweiter Ordnung bilden könne, dieser wieder einen dritter Ordnung u. s. w. Sind also m und n die Schwingungszahlen, so giebt:

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Mit den Beobachtungen, welche Hällström über Violintöne angestellt hat, stimmt seine Berechnungsweise der Com- 500 binationstöne vollständig überein, während die Berechnung durch Kettenbrüche nach W. Weber nur in einer kleinen Zahl von Fällen einigermassen passende Ergebnisse liefert. Nur ist es auffallend, dass Hällström verhältnissmässig oft den ersten Combinationston nicht hören konnte, während andere deutlich waren, und dass er bei denselben Intervallen der primären

1) Poggendorff's Ann. Bd. XXIV, S. 438.
2) Philos. Transact. 1800. T. I, p. 106-150.

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Töne, wenn sie in wenig von einander verschiedener Höhe angegeben wurden, oft verschiedene Combinationstöne hörte.

Hällström's Gesetze über die Höhe der Combinationstöne wurden von Scheibler) und Roeber benutzt, um die Zahl der Schwebungen zu berechnen, welche beim Zusammenklingen zweier oder mehrerer Stimmgabeln von genau bekannten Schwingungszahlen entstehen, und hierbei wurde eine ausserordentliche genaue Uebereinstimmung der Rechnung mit der Beobachtung gefunden.

Gegen die Ansicht, dass ein Combinationston erster Ordnung mit denselben zwei primären Tönen, durch deren Combination er entstanden ist, neue Combinationstöne zweiter und dritter Ordnung bilden könne, erhob Poggendorff2) theoretische Bedenken; Roeber) selbst, der die Theorie der Versuche von Scheibler ausgearbeitet hatte, will die Herleitung der Stösse aus den Combinationstönen höherer Ordnung keineswegs für den Ausdruck des eigentlichen physikalischen Vorganges ausgeben. Wenn also auch die wahrgenommenen Combinationstöne sich in Bezug auf ihre Höhe unter Hällström's Gesetz bringen liessen, so schienen doch ihre Ordnung und die Bedingungen ihrer Entstehung noch zweifelhaft zu bleiben. Zu bemerken ist übrigens, dass auch der nach der älteren Theorie vorhandene Ton, dessen Schwingungszahl dem grössten gemeinschaftlichen Theiler derjenigen der primären Töne entspricht, in der Reihe der Töne von Hällström vorkommt.

Die Verschiedenheiten in den Resultaten von Hällström mochten zum Theil durch verschiedene Reinheit in der Stimmung der Intervalle, zum Theil durch das Vorhandensein starker höherer Nebentöne bedingt sein; namentlich sind wohl Violintöne, an denen er die Beobachtungen anstellte, und in denen der Grundton sehr stark von seiner höheren Octave, und recht hörbar von deren Quinte begleitet wird, wenig geeignet zu diesen Versuchen. Da alle Combinationstöne höherer Ordnung nach ihm unter den Ausdruck am - bn fallen, wo a

1) Poggendorff's Annalen Bd. XXXII, S. 493 bis 503.

2) Ebendaselbst S. 522.

3) Dove und Moser, Repertorium Bd. III, S. 38.

und ɓ zwei beliebige ganze Zahlen, m und n die Schwingungszahlen der primären Töne bezeichnen, so können sie auch alle durch Combination von zwei Obertönen der primären Töne entstanden sein.') Der erste Combinationston des a ten Obertones von m und des b ten von n, würde die Schwingungszahl ambn haben müssen.

Um sich vom Einflusse der Obertöne frei zu machen, und wo möglich regelmässigere Resultate zu erhalten, schien es mir daher nothwendig zu sein, wie auch G. S. Ohm schon vorgeschlagen hatte, die Combination solcher Töne zu beobachten, welche keine Obertöne haben. Es entstand also zunächst die Aufgabe, dergleichen Töne herzustellen, welche wir im Gegensatze zu den zusammengesetzten, von Obertönen begleiteten Tönen der gewöhnlichen musikalischen Instrumente einfache Töne nennen wollen.

Wir wollen im Laufe dieses Aufsatzes eine solche vibrirende Bewegung eines elastischen Körpers, bei welcher die Entfernung eines jeden schwingenden Theilchens von der Gleichgewichtslage als Function der Zeit ausgedrückt wird, durch ein einziges Glied von der Form:

A sin (2amt + c),

eine einfache Schwingungsbewegung nennen, und wenn die Schwingungen sich durch ein elastisches Mittel fortpflanzten, eine einfache Wellenbewegung. So sind zum Beispiel die Aetherschwingungen, welche dem homogenen Lichte einer einfachen Farbe angehören, solche einfache Wellenbewegungen. 502 Eine jede andere schwingende Bewegung dagegen, bei welcher die Elongationen der schwingenden Theilchen andere periodische Functionen der Zeit sind, und daher nicht durch ein einziges Glied von der Form Asin (2amt + c), sondern nur durch eine Summe solcher Glieder dargestellt werden können, nennen. wir zusammengesetzte Schwingungs- oder Wellenbewegungen. Da nun die Erfahrung lehrt, dass überall, wo die mathematisch-mechanische Untersuchung zusammengesetzte Wellenbewegungen nachweist, ein geübtes Ohr Töne unter

1) S. Ohm in Pogg. Ann. Bd. XLVII, S. 463.

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scheiden kann, welche den darin enthaltenen einfachen Wellenbewegungen entsprechen, so verwandelt sich unsere Aufgabe in diejenige, einfache Wellenbewegungen in der Luft hervorzubringen.

Da alle tönenden elastischen Körper mehrfache Schwingungsformen annehmen können, wobei sie Töne verschiedener Höhe hervorbringen, und es im allgemeinen nicht möglich ist dem tönenden Körper einen solchen Anstoss zur Bewegung beizubringen, dass er sich nur in einer einzigen dieser Formen bewegt, so musste zur Lösung der gestellten Aufgabe ein mehr mittelbarer Weg eingeschlagen werden, wobei ich folgendem Princip folgte. Nehmen wir an, wir hätten zwei elastische Körper, welche in Schwingung versetzt, gleichen Grundton haben; der eine, der Tonerreger, möge, wenn er in Schwingung versetzt ist, seine Schwingungen möglichst wenig an die Luft abgeben, der andere, der Resonator, welcher von dem ersteren in Mitschwingung versetzt wird, sei dagegen so eingerichtet, dass er seine Schwingungen leicht und stark der Luft mittheile. Während der Grundton beider Körper genau gleich ist, seien sämmtliche höhere Nebentöne des einen von denen des anderen verschieden. Bringt man nun den Tonerreger in Schwingung, so tönt der Resonator mit, aber nur in denjenigen Tönen, welche beiden gemeinsam sind. Ist also nur der Grundton gemeinsam, so wird der Resonator nur von diesem erregt werden, und nur die Schwingungen des Grundtones der Luft mittheilen.

Stimmgabeln, die man in der Hand hält, haben ganz die Eigenschaften, welche wir von unserem Tonerreger verlangen. Als Resonator habe ich theils die Saite eines Monochordes, theils Lufträume gebraucht. Durch die letzteren erhielt ich einen stärkeren Ton, und habe sie deshalb namentlich für die Versuche über Combinationstöne gebraucht. Dagegen erwies sich eine eigenthümliche Verbindung der Stimmgabeln mit dem Monochord, als ein besonders brauchbares Mittel, um die Lage der höheren Nebentöne der Stimmgabeln zu bestimmen. Da die Untersuchung der letzteren den übrigen Versuchen vorausgehen musste, beginne ich mit ihr.

Den Stimmgabeln, welche ich zu diesen Versuchen ge

brauchte, gab ich am Ende ihres Stieles eine sattelförmige Fläche, die nach einer Richtung concav, nach der anderen convex war. Wenn man eine Gabel mit dieser Fläche auf eine gespannte Saite setzt, so berührt sie die Saite in einem Punkte, und kann nicht leicht seitlich abgleiten, während man sie längs der Saite hin und herschiebt. Uebrigens wurde noch der Stiel jeder Stimmgabel in ein Holzklötzchen befestigt, aus welchem unten nur die Spitze des Stieles mit der sattelförmigen Fläche hervorsah, und welches dazu diente, die Gabel zu fassen, ohne sie durch Berührung mit den Fingern zu erwärmen.

Wenn man eine solche Gabel anschlägt, und auf die Saite eines Monochordes setzt, so hört man im allgemeinen den Ton der Gabel kaum vernehmbar ertönen, wenn nicht eine der Abtheilungen der Saite zwischen dem Berührungspunkte der Gabel und einem der Befestigungspunkte genau einen der Gabeltöne zum Grundton oder Oberton hat. Verschiebt man also die Gabel längs der Saite, bis man sich der Stelle nähert, wo die Saite abzugrenzen wäre, um den Grundton der Gabel zu geben, so hört man mit einmal diesen Grundton laut anschwellen, und sowie man die Stelle überschreitet, den Ton ebenso schnell wieder verschwinden. Die Breite der Stelle, welche das Maximum der Resonanz giebt, ist sehr klein, noch nicht mm breit, so- 501 dass man die entsprechenden Saitenlängen mit grosser Genauigkeit bestimmen kann, namentlich wenn man die Stimmgabel nicht am Ende der einfachen Saitenlänge ihres Grundtones, sondern am Ende der vierfachen oder sechsfachen Saitenlänge desselben aufsetzt. Man bekommt nämlich dieselbe starke Resonanz des Grundtones, wenn die durch die Stimmgabel abgegrenzte Saitenlänge ein Multiplum von der des Grundtones ist. Bequem ist es bei solchen Versuchen zwischen dem einen Endpunkte der Saite und der Stimmgabel eine Dämpfung anzubringen, indem man ein zusammengelegtes Tuch zwischen die Saite und den Resonanzboden einschiebt; dann kann nur die andere Abtheilung der Saite tönende Schwingungen geben.

Hat man dann die Saite zur Resonanz gebracht, und legt auf ihre tönende Abtheilung den Finger, so verschwindet der Ton augenblicklich, bis auf einen sehr kleinen Rest, der durch Längsschwingungen der Saite zu entstehen scheint, und der

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