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liess, und gerade bei solchen hätte man die beste Uebereinstimmung erwarten dürfen.

Der Vortragende hat nun gefunden, dass die Uebereinstimmung viel vollständiger wird, wenn man die Reibung in der Luft mit in Rechnung zieht, sich dabei stützend auf die theoretischen Untersuchungen und die Bestimmung der Reibungsconstante von Stokes.

Der erste Theil der Untersuchung bezog sich auf die Fortpflanzung kugeliger oder ebener Wellen in unendlich ausgedehnten, mit Luft gefüllten Räumen. Es zeigt sich, dass 258 die Reibung dabei die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls der Theorie nach zwar etwas vermindern müsse, aber in einer praktisch ganz unerheblichen Weise. Ausserdem hat die Reibung zur Folge, dass die Schallwellen, indem sie fortlaufen, etwas an Intensität abnehmen. Der Ausdruck für ihre Intensität findet sich nämlich näherungsweise mit dem Factor:

[blocks in formation]

multiplicirt, worin n die Schwingungszahl, a die Fortpflanzungsgeschwindigkeit, z die Länge des Weges und k die Reibungsconstante bezeichnet, welche nach Stokes gleich 2,946 mm ist, wenn man die Secunde als Zeiteinheit benutzt.1)

Jener Ausdruck lässt erkennen, dass die Abnahme desto bedeutender ist, je grösser n, also je höher der Ton ist. Bei den Tönen der gewöhnlichen musikalischen Scala ist jene Abnahme äusserst unbedeutend, bei sehr hohen Tönen kann sie aber sehr merklich werden. Wenn man berechnet, wie weit sich ein Zug ebener Schallwellen fortpflanzen muss, ehe seine Intensität durch Reibung auf die Hälfte vermindert wird, so findet man:

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1) (1881) Es ist die auf S. 196 und 225 dieser Sammlung gebrauchte Bezeichnungsweise hier benutzt, und keine Reibung bei Condensation oder Dilatation des Volumens angenommen. Kommt letztere hinzu, wie in den auf S. 159 gebrauchten Gleichungen, so ist k2 noch mit 4/3 zu multipliciren.

Darin ista, das gewöhnlich bei der Stimmung der Instrumente gebrauchte eingestrichene a, a, der höchste Ton der Pianofortes, de der höchste Ton, der bisher erreicht worden ist bei Despretz's Versuchen mit kleinen Stimmgabeln. Man sieht, dass eine merkliche Abnahme des letzteren schon eintreten könnte bei einer nicht übermässig grossen Weglänge. Dagegen würden noch höhere Töne, wenn sie sich auch hervorbringen liessen, unfähig sein sich durch längere Luftstrecken fortzupflanzen. Das a,, der Tabelle würde nach einem Wege von 1 Fuss schon fast auch die Hälfte reducirt sein.

Es ist dieser Umstand wichtig, weil er eine obere Grenze für die Höhe physikalisch möglicher Töne anzeigt.

Der zweite Theil meiner Untersuchung betrifft die Fortpflanzung ebener Wellen in cylindrischen Röhren. Hierbei zeigt sich, dass sowohl die Abnahme der Intensität als auch namentlich die Verzögerung der Fortpflanzung in solchen Röhren wegen der Reibung an den Wänden viel bedeutender werden, als bei der Fortpflanzung im freien Raume. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in einer cylindrischen Röhre vom 259 Radius R ist mit Beibehaltung der oben gebrauchten Bezeichnungen:

[blocks in formation]

Der Coëfficient, welcher die Abnahme der Intensität anzeigt, ist:

2k z Van

a R

Wegen der verminderten Fortpflanzunggeschwindigkeit müssen Orgelpfeifen ebenfalls kürzer gemacht werden, als die ältere Theorie verlangt, und zwar ist der Unterschied bei engeren Röhren gar nicht unbedeutend. Die Rechnung ergab für einige der von Zamminer gebrauchten Röhren folgende Correctionen; wobei die Längen in Millimetern gegeben sind:

[blocks in formation]

Man sieht, dass bei den engeren Röhren die Verkürzung zum Theil über ein Procent der ganzen Länge beträgt, während sie bei den weiteren Röhren fast unmerklich ist.

Was die Stärke der Resonanz in solchen Röhren betrifft, wenn ein schwingender fester Körper ihrer Mündung genähert wird, so habe ich in meiner früheren Untersuchung bei Vernachlässigung der Reibung mit der Erfahrung übereinstimmend gefunden, dass die Resonanz einer an beiden Seiten offenen Röhre am stärksten ist, wenn ihre reducirte Länge einer geraden Anzahl von Viertelwellenlängen gleich ist. Aber in Bezug auf den Einfluss der Weite der Röhre widersprach die Theorie der Erfahrung. Der Theorie nach hätte die Resonanz desto stärker sein sollen, je enger die Röhre, weil die Reflexion der Wellen an den offenen Enden desto vollständiger ist, je enger diese sind. Dagegen zeigte die Erfahrung, das enge Röhren namentlich für tiefe Töne schlecht resoniren. Wenn man die Reibung der Luft berücksichtigt, erklärt sich dieser Unterschied. In engen Röhren erlöschen die Schallwellen bald, wenn sie oft hin und her reflectirt werden, wegen der starken Reibung an den nahen Wänden. Es giebt daher eine gewisse mittlere Weite, bei welcher die Resonanz am stärksten ist. 260 Die Theorie ergiebt für die vortheilhafteste Weite, wenn m bezeichnet, wie viel Schwingungen des angegebenen Tons auf eine Schwingung des Grundtons der Röhre kommen, und 2 die Wellenlänge:

R3 =

mk λ2 Vi
16π γ πα

Diese Gleichung zeigt, dass wir den Radius R der Röhre kleiner machen müssen für höhere Töne, sowohl wenn wir m unverändert lassen, also die Röhre im Verhältniss der abnehmenden Wellenlänge verkürzen, als auch, wenn wir die Röhrenlänge, welche gleich mλ/4 oder mλ/2 ist, unverändert lassen, und einen höheren Oberton derselben hervorrufen. Im letzteren Falle müsste R2 in demselben Verhältnisse abnehmen wie 2.

Obgleich wir den mechanischen Vorgang beim Anblasen der Röhren noch nicht genau zergliedern können, so zeigt sich doch allgemein, dass das Anblasen diejenigen Töne hervor

bringt, welche in der Röhre die stärkste Resonanz finden. Das bestätigt sich auch für den Einfluss der Weite. Die obige Gleichung giebt nämlich ziemlich genau die Höhe der Töne an, welche in Röhren von gegebenem Radius und Länge am leichtesten ansprechen.

Am überraschendsten ist aber die Uebereinstimmung mit der von dem berühmtesten Orgelbauer des vorigen Jahrhunderts, Silbermann, gegebenen Regel, dass man, um Register von gleichmässiger Klangfarbe zu erhalten, die Weite der Pfeiffen bei abnehmender Länge so abnehmen lassen müssen, dass die None den halben Durchmesser bekomme. Gleichbleibende Klangfarbe bedeutet gleichbleibende relative Stärke der Obertöne. Soll R = 1/2 werden, bei gleichbleibend guter Resonanz, so zeigt unsere Formel, dass werden müsse:

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während für die None 2 = 0,444.

Wir erhalten also durch die Berücksichtigung der Reibung auch die Erklärung für den Umstand, dass eine gewisse Weite für die Pfeifen nöthig ist, und dass engere Pfeifen leichter höhere Töne ansprechen lassen, weitere tiefe, eine Thatsache, für welche bisher noch jede Erklärung fehlte.

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XVIII.

Zur Theorie der Zungenpfeifen.

Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Heidelberg vom 26. Juli 1861. Bd. II S. 159-164. Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie. Bd. 114 S. 321-327.

Unter Zungenpfeifen verstehe ich alle solche Blasinstrumente, in denen dem Luftstrom der Weg durch einen schwingenden elastischen Körper bald geöffnet, bald verschlossen wird. Die erste Arbeit, welche die Mechanik der Zungenpfeifen verständlich machte, war die von W. Weber. Er experimentirte aber hauptsächlich mit metallenen Zungen, die wegen ihrer grossen Masse und Elasticität nur dann von der Luft kräftig bewegt werden, wenn sich der von der Pfeife angegebene Ton nicht zu sehr von dem Eigenton der freien Zunge unterscheidet. Daher sind die Pfeifen mit metallenen Zungen in der Regel nur fähig einen einzigen Ton anzugeben, nämlich nur denjenigen unter den theoretisch möglichen Tönen, welcher dem eigenen Tone der Zunge am nächsten liegt.

Anders verhält es sich mit Zungen von leichtem, wenig Widerstand leistendem Material, wie es die Rohrzungen der Clarinette, Oboe, des Fagotts, die menschlichen Lippen in den Trompeten, Posaunen, Hörnern sind. Sehr geeignet für die Versuche sind auch membranöse Zungen aus vulkanisirtem Kautschuk, ähnlich den Stimmbändern des Kehlkopfes gestellt; nur muss man sie, damit sie leicht und gut ansprechen, schräg gegen den Luftstrom stellen.

Die Wirkung der Zungen ist wesentlich verschieden, je 322 nachdem die von ihnen geschlossene Oeffnung sich öffnet, wenn

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