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der primäre Strom für den Schliessungsinductionsschlag etwa nur ein Neuntel derjenigen Stärke erhalten, die für die Entladung von drei Leydener Fläschchen nöthig war, wenn beide gleiche Wirkung hervorbringen sollten.

C. Endlich habe ich dann auch noch den Entladungsschlag von einem der Leydener Fläschchen mit den Schliessungs- und Oeffnungsschlägen eines constanten Stromes verglichen, der von der primären Leitung durch Verzweigung abgeleitet wurde. Die inducirte Spirale blieb dabei in unveränderter Stellung, und die Wirkung der Ströme wurde nur durch Veränderung des Widerstandes in der primären Leitung auf das Maass gebracht, dass bei verschiedenen Lagen des Nerven immer die ersten Spuren der Zuckung eintraten. Auch hierbei zeigte sich eine relativ stärkere Fernwirkung der constanten Ströme. Doch reichten die mir zu Gebote stehenden Drahtwiderstände bisher nur für verhältnissmässig kleine Abänderungen des Abstandes zwischen Nerv und Elektroden aus.

Die am Froschnerven in Berührung mit einer grösseren leitenden Flüssigkeitsmasse beobachteten Erscheinungen bestätigen also allerdings die am menschlichen Körper beobachteten Thatsachen. Gleichzeitig stellten aber die von mir in Verbindung mit diesen Versuchen angestellten Untersuchungen über die Vorgänge bei kurz dauernden elektrischen Entladungen, worüber ich mir späteren Bericht vorbehalte, verschiedene Möglichkeiten der Erklärung dieser Erscheinungen heraus, zwischen denen erst nach weiteren experimentellen Untersuchungen über die Dauer des Funken, und die Dauer der elektrischen Oscillationen in der angewendeten Spirale bei ihrer Verbindung mit den Leydener Fläschchen, entschieden werden kann.

Bei den Versuchen mit Schliessungsinductionsschlägen hängen die Erfolge wahrscheinlich hauptsächlich davon ab, dass durch die Rückwirkung des inducirten Stromes auf den inducirenden die steile Ansteigung und damit die physiologische Wirkung des ersteren desto mehr begünstigt wird, je näher die Spiralen einander stehen, was eben bei weiter entferntem Nerven der Fall war. Wenn die Dauer der elektrischen Oscillationen bei den Entladungsschlägen der Leydener Fläschchen klein ist im Vergleich mit der Dauer des Oeffnungsfunkens, was nur

Helmholtz, wissensch. Abhandlungen.

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durch weitere Versuche zu ermitteln ist, kann etwas Aehnliches auch bei der Vergleichung dieser Entladungsschläge eintreten.

Andererseits ergiebt die Theorie, dass schnell oscillirende elektrische Entladungen, welche sich von zwei Einströmungspunkten aus in einem Leiter verbreiten, ausser der 17 Schwächung, welche auch constante Ströme bei ihrer Ausbreitung zeigen, durch elektrodynamische Induction eine stärkere Schwächung erleiden, welche einen Factor e-kr in den Ausdruck für ihre Intensität einführt. Hierin ist unter r die Entfernung von dem Elektrodenpaar, unter keine positive Constante verstanden, deren Grösse von der Leitungsfähigkeit des Medium abhängt. Bei hinreichender Schnelligkeit der Oscillationen der von uns gebrauchten Entladungsschläge würde dieser Umstand ebenfalls die beobachteten Resultate hervorbringen können.

XXX.

Ueber elektrische Oscillationen.

Aus: Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Heidelberg. Bd. V. S. 27-31 vom 30. April 1869.

Die Erklärung der unter dem 12. Februar d. J. der Ge- 27 sellschaft mitgetheilten Versuche über die Ausbreitung elektrischer Entladungen in ausgedehnten leitenden Massen erforderte eine Kenntniss der Oscillationsdauer der Ströme in den angewendeten Apparaten, namentlich in einer Inductionsspirale von der angewendeten Grösse, die an ihren Enden mit den Belegen einer Leydener Flasche verbunden ist. Der Vortragende hat solche Versuche nach einer neuen Methode gemacht, welche vor allen ihm bekannten bisher gebrauchten Methoden den Vorzug hat, dass die elektrischen Oscillationen zwischen den Belegen der Leydener Flasche in einem vollständigen, nirgends unterbrochenen Bogen vor sich gehen können, der keine Funkenstrecke enthält, und in welchem deshalb diese Oscillationen bis auf ihre letzten schwächsten Reste ungestört ablaufen können. Als Reagenz zur Wahrnehmung der elektrischen Bewegungen wandte er einen stromprüfenden Froschnerven an, der in einem solchen Falle bisher noch allen. bekannten physikalischen Mitteln an Empfindlichkeit überlegen ist.

Zur Zeitmessung wurde ein schweres festes Secundenpendel angewendet, was einem nach A. Fick's Vorschlage construirtem Pendelmyographion angehörte. Dasselbe fiel immer von gleicher Höhe und stiess mit einem unten hervorragenden Vorsprunge im Verlauf seiner Schwingung kurz nach ein

ander gegen zwei Hebelchen, wodurch zwei Stromleitungen geöffnet wurden.

Die erste dieser Stromleitungen war die des primären Stromes eines Du Bois'schen Schlittenapparates. Die Enden der inducirten Spirale dieses Apparates waren mit den Belegungen einer oder mehrerer Leydener Flaschen metallisch verbunden. Die Unterbrechung des primären Stromes inducirte also zunächst in der secundären Spirale einen gleichgerichteten Strom, der die Belege der Batterie lud, darauf entlud sich die Batterie wieder in oscillirender Weise durch dieselbe Spirale, durch die sie geladen war. Die eisernen Drähte aus dem Innern der primären Spirale waren in allen Fällen entfernt, um durch die Einwirkung, die sie von der secundären Spirale 28 empfangen und wieder rückwirkend auf sie ausüben konnten, den Vorgang nicht zu compliciren. Ausserdem würden die Oscillationen durch die Anwesenheit der Eisendrähte beträchtlich verzögert worden sein.

Die gute metallische Leitung des inducirten Stromes wurde an einer Stelle unterbrochen, sobald das Pendel des Myographion gegen den zweiten Hebel stiess; dann trat eine Nebenleitung in Function, welche den Nerven des stromprüfenden Schenkels enthielt. Letzteren hatte ich übrigens ganz und gar in eine Kochsalzlösung von 1/2 Procent eingelegt, wo sich seine Reizbarkeit 3 bis 4 Stunden lang vortrefflich erhielt. Der Nerv war zum Theil in ein enges Glasröhrchen hineingezogen, welches auch in die Flüssigkeit tauchte, und in welches ein feiner Platindraht als Elektrode hineinragte. Die andere Elektrode war eine Platinplatte in der grösseren Flüssigkeitsmasse. So lange die metallische Nebenschliessung zum Nerven nicht geöffnet war, ging kein merklicher Theil des Stromes durch den Nerven. Sobald jene geöffnet war, entlud sich der Rest des Stromes durch den Nerven, und erregte Zuckungen, wenn er dazu kräftig genug war.

Die Wirkung des Stromes ist hierbei am stärksten, wenn die Unterbrechung der Leitung zu einer Zeit geschieht, wo die Geschwindigkeit der Strömung in der Spirale ein Maximum erreicht hat, zu welcher Zeit die Belege der Batterie nur schwach oder gar nicht geladen sind. Dann stürzt nämlich ganz plötzlich der Extracurrent der Spirale in den Nerven,

und zwar mit einer Intensität, welche wegen des sehr kleinen elektrodynamischen Potentials der Nervenleitung der in der Spirale zur Zeit der Unterbrechung bestehenden Stromintensität fast gleich sein muss. Dieser Strom wird nachher allerdings wegen des grossen Widerstandes des Nerven sehr schnell an Stärke abnehmen und entweder geradezu, oder nach wenigen schnell abnehmenden Oscillationen verschwinden. Aber die physiologische Wirkung seines plötzlichen Hereinbrechens in den Nerven kann dennoch eine sehr kräftige sein.

Wird dagegen die metallische Leitung unterbrochen zu einer Zeit, wo die Belege der Batterie das Maximum ihrer Ladung erreicht haben, und der die Elektricität ihnen zuführende Strom in der Spirale eben aufhört und in die entgegengesetzte Richtung überzugehen beginnt: so müssen sich nach der Unterbrechung die in der Batterie aufgesammelten Elektricitäten durch den Nerven, also durch einen Bogen von viel grösserem Widerstande, entladen, wodurch die lebendige Kraft der nun noch stattfindenden Oscillationen schnell vernichtet wird. Die Ansteigung des Stromes zum Maximum geschieht dann erst allmählig ansteigend im Laufe einer Viertel-Oscillation, und während dieser Zeit kann die Intensität der schnell erlöschenden Oscillationen schon sehr merklich vermindert sein, so dass die physiologische Wirkung in diesem Falle sowohl wegen der verminderten Ansteigungsgeschwindigkeit, als auch wegen der geringeren Höhe des zu erreichenden Maximums 29 schwächer ist als im ersten Falle.

Die Intensität der physiologischen Wirkung liess sich nun dadurch vergleichen, dass ich bei verschiedenen Werthen der Zeitdauer zwischen den beiden durch das Pendel ausgeführten Stromunterbrechungen jedesmal diejenige Stellung der verschiebbaren inducirten Spirale suchte, wo sie noch eben sichtbare Muskelzuckung gab. Wenn das Pendel zur Zeit eines Stromesmaximums in der Spirale die Nebenleitung zum Nerven unterbrach, konnte ich die inducirte Spirale weit von der inducirenden entfernen; wenn es zur Zeit eines Stromesminimums unterbrach, musste ich die Spiralen einander mehr nähern, oder erhielt auch von den späteren Minimis gar keine Wirkungen mehr.

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