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gebracht werden können, wo r die Entfernung der beiden Stromelemente ds und do, und B eine Constante bezeichnet. Diese Grösse liefert aber ein Integral vom Werthe Null, so oft sie über einen ganzen geschlossenen Stromkreis, sei es s oder σ, integrirt wird. Ihr Einfluss verschwindet also aus dem Resultate, so oft dabei einer der beiden Stromkreise als geschlossen in die Rechnung eingeführt wird. Dasselbe würde übrigens der Fall sein, wenn r auch nur irgend eine Function der Entfernung bedeutete. Im ersten Paragraphen der folgenden Untersuchung ist gezeigt worden, dass letzteres die allgemeinste Annahme ist, welche für das Potential zweier Stromelemente gewählt werden kann, wenn das Potential geschlossener Stromsysteme immer seinen richtigen Werth erhalten soll.

Wenn

man übrigens noch die Annahme hinzufügt, wie dies in den folgenden Untersuchungen geschehen ist, dass die Wirkung ungeschlossener Ströme in die Ferne keiner anderen Function der Entfernung proportional sei, als die aller anderen elektrischen Wirkungen, so ist unter r in dem obigen Ausdrucke die Entfernung selbst zu verstehen.

Auf die hier gemachten Bemerkungen gestützt, habe ich meiner Untersuchung einen Ausdruck für das Potential zweier Stromelemente zu Grunde gelegt [§ 1, Gleichung (1]), welcher eine Constante von unbekanntem Werthe (bezeichnet mit k) enthält, und in dieser Form die sämmtlichen bisher für dieses Potential aufgestellten Ausdrücke umschliesst. Aus meinem allgemeineren Ausdrucke ergiebt sich nämlich der von Herrn F. E. Neumann gebrauchte, wenn wir setzen k = 1, dagegen der von Herrn Cl. Maxwell, wenn wir setzen k 0, und endlich der von Herrn W. Weber und C. Neumann, wenn wir setzen k

1.

=

Die besondere Form der Herleitung des betreffenden Ausdruckes, wie sie im ersten Paragraphen durchgeführt ist, habe ich gewählt, um hervortreten zu lassen, dass unter Hinzunahme der schon erwähnten Hypothese dieser Ausdruck der allgemeinste ist, der den Bedingungen der Aufgabe und dem Gesetze von der Erhaltung der Kraft entspricht. Die weitere Annahme, dass auch die elektrodynamischen Wirkungen der ungeschlossenen Stromtheile ihrer Stromintensität einfach pro

portional sind, widerspricht gewissen Folgerungen der Weberschen Hypothese, die übrigens noch in keinem Falle durch die Erfahrung unterstützt worden sind. Wie es sich damit aber 61 auch verhalten mag, jedenfalls wird für geringere Stromstärken, die unterhalb einer gewissen Grenze bleiben, meine Annahme zulässig sein, sodass diese ungünstigsten Falls die Anwendbarkeit der von mir gezogenen Folgerungen nur in Bezug auf die zulässigen Stromstärken beschränkt.

Im zweiten Paragraphen sind die Werthe des elektrodynamischen Potentials für Ströme, die continuirlich im Raume verbreitet sind, entwickelt, und zum weiteren Gebrauche umgeformt. Die Art der Umformung und die analytischen Kunstgriffe, welche dabei angewendet sind, sind im Wesentlichen dieselben, welche schon Herr Kirchhoff für denselben Zweck, aber auf einen etwas anders gestalteten Ausdruck angewendet hatte.

Dann sind im dritten Paragraphen die Bewegungsgleichungen der Elektricität aufgestellt, und auf ein System von Differentialgleichungen gebracht worden. Letztere sind im Innern eines Leiters von gleichmässiger Beschaffenheit dieselben, wie für verschwindend kleine Bewegungen in einem der Reibung unterworfenen Gase, nur mit anderen Grenzbedingungen. Dabei entsprechen aber die elektromotorischen Kräfte den Geschwindigkeiten des Gases, die elektrostatische Potentialfunction den Druck- und Dichtigkeitsänderungen des

Gases.

Im vierten Paragraphen folgt dann die Untersuchung, ob durch die aufgestellten Gleichungen der Verlauf der Bewegung eindeutig bestimmt sei. Dies ist der Fall, wenn die Constante k nicht negativ ist. Wenn sie aber negativ ist, ergiebt sich, dass der Werth der durch die elektrische Bewegung repräsentirten Arbeit negativ, d. h. kleiner als im Ruhezustande werden kann, was das Zeichen eines labilen Gleichgewichtes der Elektricität im Ruhezustande ist. In der That wird ganz allgemein für Leiter jeder Form nachgewiesen, dass, wenn die genannte Arbeitsgrösse erst einmal einen negativen Werth hat, die Bewegung, sich selbst überlassen, fortdauernd

anschwillt und zu unendlichen Geschwindigkeiten und Dichtigkeiten der Elektricität führt.1)

Die Frage konnte noch sein, ob solche Bewegungen, die nach der labilen Seite des elektrischen Gleichgewichtes hin ausschlagen, durch die bekannten äusseren Einwirkungen, welche uns bei wirklichen Versuchen zu Gebote stehen, hervorgerufen werden könnten, falls die Constante k wirklich einen negativen 62 Werth hätte. Es wird im fünften Paragraphen an einem Beispiel, nämlich der Kugel, gezeigt werden, dass dies wirklich der Fall ist. Es muss dies nachweisbar im allgemeinen geschehen, so oft elektrische Bewegungen in einer homogenen leitenden Kugel dadurch hervorgerufen werden, dass man ihr einen elektrisirten Körper nähert, und ihn dann wieder entfernt, gewisse besondere Bewegungsarten des elektrisirten Körpers ausgenommen.

Daraus geht hervor, dass die Annahme eines negativen Werthes für die Constante k, wie sie im Weber'schen Inductionsgesetze gemacht ist, unzulässig ist.

Es kann auffallen, dass in den bisherigen Arbeiten über dieses Thema, welche alle das von Herrn Kirchhoff2) aus dem Weber'schen Inductionsgesetz hergeleitete System von Gleichungen benutzt haben, diese Unzulänglichkeit nicht zum Vorschein gekommen ist. In dieser Beziehung ist zu bemerken, dass Herr Kirchhoff selbst Anwendungen der von ihm gefundenen Gleichungen nur auf unendlich dünne Drähte gemacht hat, und es wird in § 7 gezeigt werden, dass, wenn nur solche Oscillationen der Elektricität als stattfindend vorausgesetzt werden, gegen deren Wellenlänge der Durchmesser des Drahtes verschwindend klein ist, der Einfluss der Constante k ebenfalls verschwindet, sodass Herrn Kirchhoff's Resultate durch die meinigen nicht beeinträchtigt werden.

1) Aus mündlichen Mittheilungen meines Collegen Kirchhoff weiss ich, dass er schon vor mir gefunden hatte, dass gewisse elektrische Bewegungen in der Kugel nach den von ihm aus der Weber'schen Hypothese abgeleiteten Gleichungen diese Eigenschaft haben.

2) Poggendorff's Annalen CII. S. 529.

Dann hat Herr Jochmann 1) dieselben Gleichungen angewendet zur Bestimmung der Ströme in einem rotirenden und der Einwirkung eines Magneten ausgesetzten Leiter. Solche Ströme sind in einer rotirenden Kugel immer geschlossene. sodass der Einfluss der Constante k verschwindet, und in einem Leiter von anderer Form (Scheibe) hat Herr Jochmann die Einwirkung der theilweise ungeschlossenen inducirten Ströme aufeinander ausser Rechnung gelassen.

Endlich hat Herr Lorberg) die unter Einwirkung beliebiger periodischer äusserer Kräfte in einer homogenen leitenden Kugel vor sich gehenden periodischen Bewegungen der Elektricität untersucht, und es ist ihm gelungen, das ziemlich complicirte System der Differentialgleichungen für diesen Fall vollständig zu integriren. Seine Arbeit zeigt, dass periodische 63 endlich bleibende Bewegungen der Elektricität in einer Kugel unter Einfluss periodischer Kräfte vor sich gehen können. aber nicht, dass solche Bewegungen durch solche Kräfte aus dem Zustande der Ruhe hervorgerufen werden. Im Gegentheil. die Vergleichung mit den von mir aufgestellten Integralen der Differentialgleichungen zeigt, dass dauernd endliche Bewegungen unter zeitweiliger Einwirkung äusserer Kräfte in der Kugel nur möglich sind, wenn schon vorher eine schwellende Bewegung der Elektricität bestand, welche durch Einwirkung der äusseren Kräfte in eine abschwellende verwandelt worden ist.

Die von den Herren W. Weber und Lorberg hinzugefügte Annahme, dass die elektrischen Flüssigkeiten träge Masse und Beharrungsvermögen hätten, ändert nichts Wesentliches an diesen Ergebnissen.

Auch die von Herrn W. Weber 3) angedeutete Annahme. dass in elektrisch geladenen Theilen des Leiters sich positive und negative Elektricität mit verschiedener Geschwindigkeit bewegen könnten, wobei dann die Fernwirkungen seiner Hypothese gemäss nicht einfach der Intensität der Strömung pro

1) Borchardt's Journal für die reine und angewandte Mathematik. Bd. LXIII. S. 158-178; 329-331.

2) Ebenda. Bd. LXXI. S. 53.

3) Elektrodynamische Maassbestimmungen. Heft I. S. 160–164.

portional, sondern auch von dem Producte dieser Intensität und der elektrischen Dichtigkeit abhängig werden würden, beseitigt die Schwierigkeit nicht, da die genannte Annahme nur Glieder höherer Dimensionen hinzufügen würde, die unzulässigen Folgerungen aber schon aus den Gliedern erster Dimension herfliessen, und sich daher bei den allerschwächsten Strömen schon geltend machen müssen.

Es scheint mir vielmehr, dass die hier zu Tage kommende Unzulänglichkeit des Weber'schen Gesetzes in der Natur desselben tief begründet ist. Dieses Gesetz fügt sich allerdings insofern dem Gesetze von der Erhaltung der Kraft ein, als es keinen Kreisprocess zulässt, der Arbeit aus Nichts erzeugte. Aber es widerspricht insofern, als zwei elektrische Theilchen, die sich nach diesem Gesetze bewegen und mit endlicher Geschwindigkeit beginnen, in endlicher Entfernung von einander unendliche lebendige Kraft erreichen und also eine unendlich grosse Arbeit leisten können.

Es sei m die Masse, welche sich mit dem elektrischen Theilchen e bewegt; dieses sei der abstossenden Kraft des gleichartigen Theilchens e' unterworfen; die Bewegung geschehe in Richtung der Entfernungr beider Theilchen. Nach dem Weber'schen Gesetze ist:

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Ist e.e' /r > mc2 > C, so ist (dr/dt)2 positiv und grösser als c2, also dr dt reell. Ist letzteres selbst positiv, so wird r wachsen, bis e.e/rm.c2, dann wird dr/dt unendlich gross.

Dasselbe wird geschehen, wenn im Anfange C> m.c2 >e.ér, und dr dt negativ ist.

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