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Versuche, bei denen ich den Abstand der Condensator297 platten, und somit die elektrische Capacität des Condensators veränderte, ergaben, dass die Oscillationsdauer nur sehr wenig durch die Capacität des Condensators beeinflusst war. Ich habe schon in einer früheren Mittheilung 1) darauf hingewiesen, dass auch eine eng gewundene Spirale selbst als Condensator wirkt, indem die Windungen des einen Endes positiv, die des anderen negativ geladen werden, und nur durch die sehr dünnen Schichten der isolirenden Seide von ihren weniger stark positiv oder negativ geladenen Nachbarschichten getrennt sind; daher häuft sich an beiden Seiten der isolirenden Schicht eine elektrische Belegung an. Da die Verringerung der Capacität des Condensators so wenig Einfluss auf die Schwingungsdauer hatte, folgt, dass die condensatorische Capacität der Spirale die des Condensators sehr beträchtlich übertroffen haben muss.

Um die etwaige Verzögerung der Fernwirkung zu entdecken, war es nöthig einen mit sehr grosser Schärfe zu bestimmenden ausgezeichneten Punkt im Verlaufe der elektrischen Oscillationen zu entdecken. Der erste Moment des Anfanges war hierzu ungeeignet, da, wie es scheint, der Strom mit der Ansteigungsgeschwindigkeit Null beginnt, und diese nur allmälig wächst; daher die Stromstärke im Anfang höchstens dem Quadrate der Zeit proportional zunimmt. Der Grund hiervon ist darin zu suchen, dass auch der primäre Strom während der Funkendauer nur allmälig verschwindet, und daher die inducirte elektromotorische Kraft im secundären Kreise keineswegs plötzlich vollständig entwickelt da ist, sondern selbst erst continuirlich anwächst. Die Funkendauer ist aber in unserem Falle etwa dem zehnten Theile einer ganzen Oscillationsperiode gleich, also keineswegs unbeträchtlich. 2) Ihre

1) Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Heidelberg, 30. April 1869 (oben Nr. XXX). In den früheren Beobachtungen hatte ich mit Hülfe des stromprüfenden Froschschenkels bis zu 45 Oscillationen constatirt, deren Gesammtdauer Secunde betrug.

2) Die relativ langsame Abnahme der Intensität des primären Stromes während des Funkens ist auch offenbar der Grund, warum, wie ich früher gefunden, in einer inducirten Spirale mit mehr als 7000 elektrischen Oscillationen auf die Secunde die letzteren so schwach ausfallen. Für die kurze Schwingungsdauer ist dann die Unterbrechung nicht jäh genug.

mittlere Länge bestimmt sich, wenn man die Zeit zwischen dem Anschlag des Pendels, welcher die primäre Leitung unter- 298 bricht, und dem ersten Nullpunkt des Stromes vergleicht mit der Zeit zwischen den folgenden Nullpunkten. Die erstere Grösse ist länger, weil sie ausser einer halben Oscillationsdauer auch noch die Funkendauer umfasst, und deren Betrag kann durch eine solche Vergleichung annähernd gefunden werden.

Dagegen sind die folgenden Nullpunkte des Stromes sehr scharf zu bestimmen, selbst bei der entfernteren Stellung der secundären Spirale. Da die Funkendauer selbst bei so schwachen elektromotorischen Kräften und so windungsarmen Spiralen, wie ich im primären Kreise angewendet habe, niemals constant ist, wovon der Grund wohl in der Fortschleuderung von Platintheilchen durch den Funken zu suchen ist: so sind die Ausschläge in dem dem Nullpunkte entsprechenden Theilstriche selbst bei guter Einrichtung des Apparates bald positiv, bald negativ, dagegen an den vorhergehenden und nachfolgenden Theilstrichen, entweder ausschliesslich oder doch überwiegend in einer bestimmten Richtung.

Bei der beschriebenen Anordnung, auf die ich nach langem Herumtasten gekommen war, zeigte sich nun, dass die grössere Entfernung der beiden Spiralen von 136 cm die Lage der Nullpunkte des inducirten Stromes nicht um einen Theilstrich des Mikrometers, das heisst, nicht um einer Secunde veränderte. Pflanzen sich also die inducirenden Wirkungen wirklich mit einer angebbaren Geschwindigkeit fort, so muss diese grösser sein als 314 400 m, oder etwa 42,4 geograph. Meilen in der Secunde.

Zu einer weiteren Verfeinerung dieser Messungen habe ich Vorbereitungen getroffen; wie weit dieselbe zu treiben sein wird, wird, wie mir scheint, hauptsächlich davon abhängen, wie weit der Funken an der Unterbrechungsstelle zu reduciren sein wird, wenn man dem primären Kreise sehr geringen Widerstand und sehr geringe elektromotorische Kraft giebt, und die ihn bildenden Drahtwindungen möglichst weit von einander entfernt.

247

XXXIV.

Ueber die Theorie der Elektrodynamik.

Aus: Monatsberichte der Berliner Akademie vom 18. April 1872.
S. 247-256. (Vorläufige Anzeige des folgenden Aufsatzes.)

Die Theorie der elektrodynamischen Wirkungen hat ausser ihrem unmittelbaren Interesse für das Verständniss dieses wichtigen und reichen Zweiges der Physik ein noch bedeutenderes und allgemeineres für die Grundprincipien der Mechanik überhaupt. Die übrigen bekannten Wirkungen in die Ferne lassen sich leicht und vollständig auf anziehende und ab-tossende Kräfte von Massenpunkten zurückführen, wobei die Intensität dieser Kräfte nur von den gegenseitigen Entfernungen der betreffenden Punkte, nicht von ihrer Bewegung abhängt. Auch die bis jetzt bekannten Wirkungen zwischen den Molekeln lassen sich entweder ganz auf solche Kräfte zurückführen, oder sind doch wenigstens in ihrer ganzen Erscheinungsweise den Wirkungen, welche die Schwere hervorbringt, so ähnlich, dass wir keine Schwierigkeit finden, sie uns als Wirkungen von Kräften ähnlichen Charakters vorzustellen. Allein die elektrodynamischen machen eine Ausnahme; sie bilden eine Classe von Fernwirkungen, die nur durch einen Bewegungszustand des wirkenden Agens, der Elektricität, hervorgebracht werden, einen Bewegungszustand, der sich als solcher durch eine ganze Reihe von Erscheinungen, durch Wärmeentwickelung in den Stromleitern, durch chemische Zersetzung in den flüssigen Leitern u. s. w. zu erkennen giebt. Die factischen Gesetze der Erscheinungsweise dieser Kräfte sind der Hauptsache nach gut bekannt und von Hrn. F. E. Neumann (dem Vater)

auf einen verhältnissmässig einfachen Ausdruck zurückgeführt worden, welcher aber nicht die Wirkung von Massenpunkt auf Massenpunkt, sondern von einem linearen Stromelement auf das andere giebt. Ich selbst habe den Neumann'schen Potentialausdruck in einem im 72. Bande des Journals für reine und angewandte Mathematik veröffentlichten Aufsatze eine allgemeinere Form gegeben, in welcher er auch die aus den Theorien von W. Weber und Maxwell hervorgegangenen abweichenden Potentialausdrücke für je zwei Stromelemente umfasst. Für geschlossene Ströme geben alle diese Ausdrücke die gleichen Resultate; dagegen für ungeschlossene, deren Wirkungen praktisch freilich noch wenig untersucht sind, ergeben sie Unterschiede. Der Plan meiner Arbeit war, hauptsächlich diejenigen Unterschiede aufzusuchen, welche etwa bei ausführ- 248 baren Versuchen entdeckt werden könnten. Dabei ist zu bemerken, dass die verschiedenen, von mir gebildeten Potentialausdrücke sich von einander nur durch eine Constante (in meiner Arbeit mit k bezeichnet) unterscheiden. Neumann's Ausdruck erhält man, wenn man k+1 setzt, Maxwell's wenn k0, W. Weber's k=1. Die Untersuchung ergab, dass die Ausdrücke mit negativem k zu unmöglichen Folgerungen führten, nämlich zu einem labilen Gleichgewicht der Elektricität in Leitern, welches, wenn einmal gestört, zu unendlich grossen Stromintensitäten und unendlich grossen Ladungen führen konnte. Die Ausdrücke mit positivem

k dagegen, oder mit k = 0, ergaben stabiles Gleichgewicht, und auch für ungeschlossene Ströme nur solche Unterschiede, wie sie mit unseren bisherigen experimentellen Hülfsmitteln kaum werden entdeckt werden können, sodass also, was in der mathematischen Fassung des Gesetzes noch zweifelhaft ist, nämlich der Werth der Constante k, für die experimentelle Anwendung zunächst noch als einflusslos erscheint.

Diese Ausdrücke für das Potential je zweier Stromelemente sind nun aber offenbar keine elementaren Ausdrücke der letzten wirkenden Kräfte; sie führen nämlich für jedes Stromelement, wenn man sich dieses als festen Körper denkt, auf mindestens zwei Kräfte, oder auf eine Kraft und ein Kräftepaar; und die Grösse, zum Theil auch die Richtung dieser Kräfte, hängt ab

nicht blos von der Lage der Elemente, sondern auch von der Geschwindigkeit der elektrischen Ströme. Die Inductionserscheinungen sind nur indirect durch Vermittelung des Gesetzes von der Erhaltung der Energie aus dem elektrodynamischen Potentiale abgeleitet.

Unter den weiter eindringenden Hypothesen, welche die elementaren Kräfte zu ermitteln suchen, die den elektrodynamischen Erscheinungen zu Grunde liegen, sind namentlich zwei zu erwähnen. Hr. Cl. Maxwell hat die Annahme von Fernkräften fallen lassen und nimmt an, dass die sämmtlichen magnetischen, elektrostatischen und elektrodynamischen Wirkungen durch Fortpflanzung molecularer Bewegungen und Kräfte in einem den Raum ausfüllenden elastischen Medium in die Ferne übertragen werden. Da die Theorie für dieses Medium schliesslich die Fähigkeit, Oscillationen auszuführen, ergiebt, die denen des Lichtes vollkommen ähnlich sind, und auch die Fortpflan249 zungsgeschwindigkeit des Lichtes haben, so würde dieses Medium mit dem Lichtäther zu identificiren sein. Für die Einwirkung benachbarter Volumenelemente dieses Mediums auf einander nimmt er allerdings Gesetze an, die von denen der uns bekannten elastischen Körper wesentlich abweichen. Aber er hat gezeigt, dass diese Art gegenseitiger Einwirkung, wie er sie den Volumenelementen des Aethers zuschreibt, in der That durch eine mechanische Combination fest elastischer Körper wirklich hergestellt werden könnte. Es würde dazu ein System von Zellen mit elastischen Wänden und kugeligen Hohlräumen angenommen werden müssen, in denen elastische Kugeln rotiren können, die durch die Centrifugalkraft abgeplattet werden. Zwischen ihnen müssten in den Wänden der Zellen selbst, wie Frictionsrollen, andere Kugeln von unveränderlichem Volumen liegen. Diese würden frei rotiren können, ihr Schwerpunkt aber in isolirenden Medien sich nur durch elastisches Nachgeben der Zellenwand verschieben, in leitenden Medien dagegen bei jeder Verschiebung einen einer Reibung in einer zähen Flüssigkeit ähnlichen Widerstand erleiden müssen. Die Uebertragung der Bewegung zwischen diesen Kugeln würde nur durch die Adhäsion ihrer Oberflächen aneinander geschehen. Verschiebung der zuletzt genannten Kugeln giebt diëlek

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