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Entfernung zwischen beiden. Die Kraft ist anziehend, wenn die in dem Stromende sich anhäufende Elektricität in dem Stromelemente von jenem wegfliesst.

Hrn. Grassmann's ponderomotorisches Gesetz enthält die Kraft, welche Stromenden auf Stromelemente, nicht aber die, welche die letzteren auf erstere ausüben. Darin ist also die Gleichheit der Action nicht gewahrt. Das Grassmannsche Gesetz fällt übrigens seinem Resultat nach mit Faraday's Regel zusammen, wonach die ponderomotorische Kraft auf Stromelemente immer senkrecht zu ihnen selbst und zu den Magnetkraftlinien gerichtet ist. Nur sind in Faraday's Vorstellung und in der sich ihm anschliessenden von Cl. Maxwell die Stromenden durch die Annahme beseitigt, dass von jedem Stromende aus sich elektrische Bewegungen in das isolirende 93 Medium hinein fortpflanzen, welches die Leiter voneinander trennt.

Ich habe in meiner, der Akademie im Februar 1873 gemachten Mittheilung schon erwähnt, dass man diese vom Potentialgesetze geforderten ponderomotorischen Wirkungen auf Stromenden von denen, welche die Stromelemente erleiden, würde isoliren können, wenn man als Vertreter der geschlossenen Stromsysteme starke in sich selbst zurücklaufende ringförmige Magnete ohne Pole anwendet. Diese wirken auf andere Magnete und geschlossene Ströme gar nicht ponderomotorisch ein, wohl aber würden sie nach dem Potentialgesetze auf Stromenden einwirken müssen, beziehlich letztere auf die ringförmigen Magnete, und zwar so, dass wenn der Magnet durch ein System von Kreisströmen ersetzt gedacht wird, er diejenige Seite des Ringes dem Stromende zuzuwenden streben wird, in welcher die dem Stromende zufliessende Elektricität von der Axe des Ringes wegfliesst.

Es erschien möglich auf einem von mir schon in Borchardt's Journal für Mathematik Bd. 78, S. 281 angedeuteten Wege Stromenden von hinreichender Wirksamkeit zu erhalten mittels elektrischer Convection. Ich verstehe hierunter entsprechend dem Gebrauche, der von diesem Worte in der Wärmelehre gemacht wird, die Fortführung der Elektricit mittels der Fortbewegung elektrisch geladener Körper. Potentialgesetz schreibt elektrodynamische Wirkungen mu

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in ponderablen Trägern sich bewegenden Elektricität zu, nicht aber der convectiv fortgeführten. Es war also zu versuchen, ob eine Elektricität ausströmende Spitze die Wirkung eines Stromendes zeige, da die durch die Fortbewegung der elektrisch abgestossenen Luft fortgeführte Elektricität möglicher Weise nicht als elektrodynamische Fortsetzung der durchströmten Leitung in Betracht kam.

Versuche dieser Art übernahm Hr. N. Schiller während 94 des vorigen Sommers im physikalischen Laboratorium der hiesigen Universität auszuführen. Ein geschlossener Stahlring wurde mit einem Leitungsdrahte umwickelt und magnetisirt. Die Stärke der entstandenen Magnetisirung des Ringes konnte. durch den Inductionsstrom bestimmt werden, den derselbe in einer Anzahl anderer, vom ersten Drahte getrennter Drahtwindungen beim Magnetisiren gab. Der Ring wurde an einem langen Coconfaden aufgehängt in einem Gehäuse, welches äusserlich ganz mit Stanniol überdeckt wurde, um elektrostatische Anziehungskräfte auszuschliessen. Auch das Glas, durch welches ein am Magneten befestigter Spiegel beobachtet werden konnte, war durch ein Metallgitter bedeckt. Durch eine von aussen genäherte metallene Spitze strömte die gesammte durch eine schnell gedrehte Holtz'sche Maschine entwickelte Elektricität in die Luft aus. Die Spitze wurde derjenigen Seite des Kastens gegenübergestellt, wo sich innen der eine verticale Theil des Ringes befand. Der Ring hätte unter diesen Umständen eine Ablenkung erfahren müssen, wenn die Spitze als Stromende im Sinne der Potentialtheorie wirkte. Das Resultat der so angestellten Versuche war aber durchaus negativ. Hr. N. Schiller hat seitdem diese Versuche in Moskau mit vollkommeneren Apparaten fortgesetzt unter Bedingungen, wo die Grösse der Magnetisirung des Ringes und die Intensität des von der Elektrisirmaschine gelieferten Stromes genau bestimmt, und nachgewiesen werden konnte, dass die nach dem Potentialgesetz zu erwartende Ablenkung gross genug sein würde, um sicher beobachtet werden zu können, wenn sie existirte. Die Resultate waren ebenso rein negativ. Ich erlaube mir am Schlusse dieses Aufsatzes die darauf bezüglichen Mittheilungen aus einem an mich gerichteten

Briefe des genannten Beobachters beizufügen. Eine ausführlichere Beschreibung dieser Versuche behält sich derselbe selbst zu geben vor. 1)

Daraus ist also zu schliessen, dass entweder die vom Po- 95 tentialgesetze angezeigten Wirkungen der Stromenden nicht existiren, oder dass ausser den von diesem Gesetze angezeigten elektrodynamischen Wirkungen auch noch solche der convectiv fortgeführten Elektricität bestehen, dass das Potentialgesetz also unvollständig sei, wenn man in ihm nur Rücksicht nimmt auf Fernwirkungen der in den Leitern fortströmenden Elektricität.

Andererseits hängt mit dieser Differenz in der Bestimmung der ponderomotorischen Kräfte eine solche in der Bestimmung der inducirten elektromotorischen Kräfte in ungeschlossenen Leitern zusammen. Wenn ein Magnet oder ein System geschlossener Ströme inducirend einwirkt auf einen ungeschlossenen linearen Leiter ab, welcher in die Lage aß fortgerückt wird, so ist nach dem von Hrn. Neumann senior aus dem Ampère'schen hergeleiteten Inductionsgesetze die gesammte inducirte von a nach treibende elektromotorische Kraft gleich dem Potential der inducirenden Ströme (oder Magnete) auf einen Stromkreis, in dem die Einheit des Stromes vona längs der Lage aß nach B, von ẞ längs des vom Endpunkte beschriebenen Weges nach der Anfangslage von b, von da längs der Anfangslage ab des Leiters nach a und endlich längs des vom Punkte a beschriebenen Weges nach a circulirt. Mit dieser Regel fällt in den Resultaten das Faraday'sche Gesetz zusammen, wonach die Stärke der Induction von der Anzahl der durchschnittenen Magnetkraftlinien abhängt.

Folgen dagegen die ponderomotorischen Wirkungen dem Potentialgesetze, so sind in der genannten Berechnung wegzulassen diejenigen Theile des Potentials, die sich auf die beiden Wege au und Bb beziehen; es ist vielmehr nur die Differenz des elektrodynamischen Potentials für die Endlage aß min

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1) Diese ist gegeben in Pogg. Annalen Bd. 159. S. 456 und

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dem für die Anfangslage ab zu nehmen. Es ergiebt sich hieraus, dass ein Unterschied des Inductionsgesetzes auch für ungeschlossene Leiter nur dann besteht, wenn mindestens das eine Leiterende selbst fortbewegt wird.

Fig. 1.

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Denken wir uns den Endpunkt a des Leiters (ab Fig. 1) festliegend, b aber im Kreise um a drehbar, ferner die wirkenden Magnete und Stromtheile so angeordnet, dass die ersteren Rotationskörper bilden, deren magnetische Axe, wie die Axe ihrer Form mit der auf dem Mittelpunkte des Kreises errichteten Normale seiner

Ebene zusammenfällt, während die Stromkreise zu dieser Axe concentrische Kreise bilden. Bei solcher Anordnung ist die relative Lage des Radius aß zu den Magneten oder Strömen genau dieselbe wie ab; das elektrodynamische Potential hat in beiden Fällen den gleichen Werth, nämlich Null, und das Potentialgesetz würde die Folgerung ergeben, dass in diesem Falle keine elektromotorische Kraft während der Drehung des Radius ab in die Lage aẞ längs desselben wirkt.

Dagegen ist klar, dass der Leiter ab bei seiner Fortbewegung Magnetkraftlinien, die der Axe des Kreises parallel gehen, durchschneidet. Und entsprechender Weise kommt nach der von Neumann gegebenen Regel auch derjenige Theil des Potentials in Betracht, der sich auf den vom Punkte b beschriebenen Weg, d. h. den Kreisbogen bß bezieht. Dieser Theil des Potentials hat in der That einen von Null verschiedenen Werth; geschieht die Strömung der Kreisströme im Sinne des neben gesetzten Pfeiles und der Bewegung von b nach, so würde das Potential positiv sein, also die Induc97 tionskraft von a nach hin wirken müssen. Ein so gerich teter Strom würde nach Ampère's Gesetz der Bewegung entgegen wirken.

Tritt an dem Ende des rotirenden Radius schleifende Berührung mit einem feststehenden Leiter ein, wie in der Lage ay mit c, so würde das Potentialgesetz genau dieselbe inducirte Kraft anzeigen, da dann die Leitung a über 7 bis c geschlossen wäre. In diesem Falle wäre aber nach dem Potentialgesetze die ganze elektromotorische Kraft in den ihre Richtung schnell verändernden Stromfäden der Gleitstelle zu suchen. Die Einführung einer Gleitstelle giebt uns bei einem solchen Versuche also immer die Gelegenheit unabhängig von dem Streit der Theorien die durch die betreffende Bewegung im geschlossenen Kreise erzeugbare elektromotorische Kraft zu bestimmen.

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Diesen Theil der Versuche habe ich selbst ausgeführt. Zu dem Ende habe ich das Ende des rotirenden Leiters mit einer Condensatorplatte versehen, welche während seiner Rotation einer anderen ähnlichen nahe gegenübertrat. Schematisch ist dies dargestellt in der Fig. 2 A. Es ist a wieder der Durchschnitt der Axe, welche verticale Richtung hat, b sind die cylindrischen beweglichen Condensatorplatten, c die feststehenden. Fig. 2 A zeigt dieselben Theile nach einer Drehung um einen rechten Winkel. Die Platten bb und ce sin Quadranten zweier mit der Rotationsaxe a coaxialen Cylinde flächen. Der radiale Träger bb liegt zwischen den Polen ei

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