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starken Elektromagneten. Das untere Ende der Axe a ruht auf dem unteren Pole desselben, das obere Ende reicht durch eine Durchbohrung des oberen Theiles des Elektromagneten hinaus bis in einen von magnetischen Richtkräften verhältnissmässig freien Raum und trägt dort einen Commutator, mittels dessen die Platten ce während der Stellung A zur Erde abgeleitet, in der Stellung B aber mit der isolirten Platte eines Condensators nach Kohlrausch verbunden werden. Werden die Platten bb durch magnetische Induction positiv geladen, so laden sich die Platten ce in der Stellung A von der Erde aus negativ, und zwar wirkt der Apparat hierbei wie ein Condensator, sodass eine mässige elektromotorische Kraft ein verhältnissmässig bedeutendes Quantum Elektricität anhäuft. Gehen dann die Platten in die Stelle B über, so wird die gesammelte negative Elektricität, deren Potential durch die Entfernung der positiven Platten bb erheblich gesteigert ist, in Kohlrausch's Condensator übergeführt, und häuft sich in diesem an, bis dessen isolirte Platte selbst das Potential der Platten cc in der Stellung B angenommen hat.

Die Ladung von Kohlrausch's Condensator wird dann an einem Thomson'schen Quadrantelektrometer gemessen.

Ich übergehe hier die ausführliche Erörterung der Fehlerquellen, die sich geltend machen konnten und zum Theil gemacht haben, ehe ich die Mittel zu ihrer Beseitigung fand. Ich will nur kurz bemerken, dass nach jeder einzelnen Beobachtung die Pole des Magneten gewechselt wurden, wodurch der Einfluss aller Fehlerquellen von constanter Richtung beseitigt wird, dass ferner zwischen den Versuchen mit schneller Drehung immer solche mit langsamer Drehung angestellt wurden, um den Einfluss der durch den magnetisirenden Strom her99 vorgebrachten elektrostatischen Ladungen zu eliminiren. Da hier doppelte Condensation wirkt, so sind ausserordentliche kleine elektrische Einflüsse im Stande Ladungen hervorzubringen. Ich behalte die ausführliche Beschreibung der Versuche und Methoden einem anderen Orte vor.

Es gǝlang mir schliesslich bei grosser Rotationsgeschwindigkeit und mit starken magnetisirenden Strömen Ablenkungen am Elektrometer bis zu 67 Theilstrichen zu erzielen, welche

mit der Richtung der Magnetisirung und mit der Richtung der Bewegung ihr Zeichen wechselten, und an deren Entstehung aus elektrodynamischer Induction ich keinen Zweifel mehr hegen konnte. Die inducirte elektromotorische Kraft, welche den rotirenden Condensator lud, entspricht von der eines Daniell'schen Elementes.

Andererseits konnten die Verbindungen mit dem Commutator auch so hergestellt werden, dass die feststehenden Platten c in der Stellung A mit Kohlrausch's Condensator verbunden wurden, in der Stellung B mit der Erde. Dann wurde in der ersten Stellung dem grossen Condensator so lange Elektricität entzogen, und in der zweiten Stellung an die Erde abgegeben, bis seine Potentialfunction den Werth angenommen hatte, der den Platten c bei dem Elektricitätsquantum Null zukam, wenn sie der vertheilenden Wirkung der bewegten und elektrodynamisch inducirten Platten ausgesetzt waren. Die dabei entstehende Ladung ergab nach Entfernung der Platten des grossen Condensators voneinander am Elektrometer die Ablenkung 12,42, während 13,8 derjenige Werth gewesen wäre, der sich aus der bei der ersten Stellung des Commutators beobachteten Ablenkung von 67 nach der Capacität des Condensators hätte ergeben müssen. Letztere war durch Ladung des rotirenden Condensators mittels eines Daniell'schen Elementes bestimmt worden.

Die beschriebenen Versuche zeigen zunächst, dass die Platten des rotirenden Condensators durch eine inducirte elek- 100 tromotorische Kraft geladen werden, auch wenn keine Gleitstelle vorhanden ist.

Es wäre nun noch zu fragen, ob die ganze elektromotorische Kraft, die in einem durch eine Gleitstelle geschlossenen Kreise wirkt, auch in dem ungeschlossenen Kreise thätig war. Diese Frage war bei der Anfertigung des Apparates vorgesehen worden, und ich hatte deshalb an dem oberen Rande der festen Platten ce verstellbare Federn anbringen lassen, welche bei passender Einstellung metallische Stifte, die am oberen Rande der beweglichen Platten bb angebracht waren, berühren konnten. Während dieser Berührung war die inducirte Leitung zwischen ruhenden Endpunkten, nämlich der Axe des rotirenden Theils und den festen Platten e geschlossen, für welchen

Helmholtz, wissensch. Abhandlungen.

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Fall die zweifelhaften Punkte der Theorie keinen Einfluss haben. Von c aus konnte direct der Kohlrausch-Condensator geladen werden. Die Ladung war unter übrigens gleichen Umständen etwas grösser, nämlich 18,71, als im letztbeschriebenen Falle, wo sie nur 13,42 betrug. Indessen berechtigt dies nicht auf eine entsprechende Grösse der elektromotorischen Kraft in der Contactstelle zu schliessen. Denn es ergab sich, dass die elektromotorische Kraft nicht dieselbe blieb, wenn die Gleitstelle in verschiedener Höhe der rotirenden Platten angebracht wurde, was geschehen konnte, nachdem man eine der Platten c entfernt hatte. In mittlerer Höhe der Gleitstelle, der Mitte beider Magnetpole gegenüber, war die elektromotorische Kraft am kleinsten, etwa nur derjenigen an der oberen Anschlagstelle, was sich dadurch erklärt, dass die magnetischen Kraftlinien am Orte der Condensatorplatten ein wenig nach aussen gebaucht waren, und deshalb zum Theil die Condensatorplatten selbst schnitten, und in ihnen schwache elektromotorische Kräfte von der Mitte zum oberen und unteren Rand hin inducirten. Der obige Ausschlag von 18,17 für die Gleitstelle am oberen Rande, reducirte sich also auf 13,36 für 101 eine Gleitung an der Mitte der beweglichen Platten. Bei den Versuchen ohne Gleitstelle kommt natürlich der Mittelwerth der elektromotorischen Kraft in Betracht, für die ganzen condensirenden Flächen berechnet. Dass nun hier die beobachtete Ablenkung 13,42 so wenig grösser ist, als die an der mittleren Gleitstelle wirkende Kraft 13,36 erklärt sich dadurch, dass im ersteren Falle das Potential der Flächen von b nur durch Vertheilung auf die Platten c wirkte, und die Zahl 13,36 deren Potentialwerth misst, während ihr Elektricitätsquantum gleich Null war. Unter diesen Umständen ist das durch Vertheilung erzeugte Potential nothwendig etwas kleiner, als das die Vertheilung erzeugende.

Bestätigt wurde diese Ansicht durch andere Versuche, bei denen ich nach Beseitigung der einen Platte e das Metallgestell des Magneten und die mit ihm verbundene Batterie isolirte und nur durch Drähte, die in der Mitte der unbedeckten rotirenden Platte b schleiften, die genannten Leiter mit der Erde verband. Die gebliebene eine Platte c wurde in der

Stellung 4, wo sie durch bgedeckt war, mit der Erde, in der Stellung B ungedeckt mit dem Kohlrausch-Condensator verbunden. Sie erhielt eine schwache Ladung von der Grösse 5,3 und von derselben Art, als wäre die rotirende Axe nicht durch die Gleitstelle, sondern von ihren Spitzen aus zur Erde abgeleitet gewesen, wie in den erst beschriebenen Versuchen. Daraus ging unzweideutig hervor, dass die in der Gleitstelle selbst vielleicht vorhandene elektromotorische Kraft jedenfalls kleiner war, als die Differenz zwischen dem Mittelwerthe und dem Minimalwerthe der bei den verschiedenen Höhen der Gleitstelle in sämmtlichen bewegten Theilen wirkenden inducirten Kraft. Wenn also überhaupt ein endlicher Theil der elektromotorischen Kraft in der Gleitstelle seinen Sitz hat, so ist derselbe verhältnissmässig sehr klein (der Gesammtkraft) und bei der bisher erreichten Genauigkeit dieser Messungen den Fehlerquellen gegenüber noch nicht von solcher Grösse, dass ich seine Existenz verbürgen möchte.

Es folgt nun hieraus, dass die Potentialtheorie, wenn in 102 ihr nur die in den Leitern vorkommenden elektrischen Bewegungen und deren Fernwirkungen berücksichtigt werden, mit den Thatsachen in Widerspruch tritt. Die beschriebenen Versuche fügen sich dagegen hinreichend gut unter das von F. E. Neumann direct aus der Ampère'schen Hypothese abgeleitete Gesetz. Dass übrigens die Ampère'sche Hypothese auch für die Inductionen zwischen je zwei ungeschlossenen Leitern mit dem Gesetz von der Erhaltung der Kraft nach jeder Richtung hin in Uebereinstimmung gebracht werden kann, habe ich in meinem dritten Aufsatze über die Theorie der Elektrodynamik (Journal für Mathematik Bd. 78) nachgewiesen.1)

1) Ich brauche hier wohl kaum daran zu erinnern, dass ich das Potentialgesetz bisher zwar gegen nichtige Einwände vertheidigt habe, aber doch immer nur als ein solches, über dessen Richtigkeit endgiltig nur neue Versuche entscheiden könnten. Die Punkte zu finden, wo das Experiment angreifen könne, war der ausgesprochene Zweck meiner früheren Arbeiten, der nun in einem wesentlichen Theile erreicht ist. So weit die einfachere Gesetzmässigkeit einer solchen Theorie bei Mangel entscheidender Thatsachen grössere Wahrscheinlichkeit giebt, schien diese mir allerdings auf Seiten des Potentialgesetzes zu liegen, und deshalb erschien letzteres mir besonders beachtenswerth.

Aber auch das Potentialgesetz kann den hier gewonnenen Resultaten entsprechend ergänzt werden, wenn man mit Faraday und Maxwell annimmt, dass auch in den Isolatoren elektrische Bewegungen mit elektrodynamischer Wirksamkeit eintreten können, wodurch dieselben diëlektrisch polarisirt werden. Ich habe diese Hypothese schon am Schluss meiner ersten elektrodynamischen Abhandlung im 72. Bande des Journals für Mathematik mit dem Potentialgesetz in Verbindung gebracht, mit Beziehung auf die elektrischen Bewegungen in ruhenden Leitern und Isolatoren. Die Theorie von Hrn. Cl. Maxwell ergiebt sich aus dieser Modification des Potentialgesetzes, wenn man die Constante der diëlektrischen Polarisation (ɛ in meiner Abhandlung) unendlich gross werden lässt. 103 Bei diesem Grenzfall würden überhaupt keine ungeschlossenen elektrischen Ströme mehr bestehen, wie auch Hr. Maxwell ausdrücklich hervorgehoben hat, indem jede elektrische Bewegung in Leitern, die zu einer Anhäufung der Elektricitäten an ihrer Oberfläche führt, sich in den umgebenden Isolatoren als äquivalente Bewegung entstehender oder vergehender diëlektrischer Polarisation fortsetzen würde.

Ich behalte mir vor, die vollständige mathematische Ausführung der Principien für die bei Bewegung der Leiter und Isolatoren eintretenden ponderomotorischen und elektromotorischen Wirkungen, auf Grundlage der oben bezeichneten Annahmen an einem anderen Orte zu geben und dadurch die Verbindung zwischen der Potentialtheorie und der Maxwell'schen vollständig herzustellen. Hier wird es genügen, in Bezug auf die vorbeschriebenen Versuche folgendes anzuführen.

Denkt man sich zwischen den beiden aneinander vorbeigleitenden Condensatorplatten die Schicht der isolirenden Luft (beziehlich des Aethers) in kleine Prismen zerschnitten, die in einem gegebenen Augenblicke senkrecht zu den Condensatorflächen stehen, dann aber sich mit den Luftschichten verschieben, so ist jedes dieser Prismen in einer Bewegung begriffen, durch welche es in tangentiale Richtung überzugehen und in dieser Richtung sich zu verlängern strebt, sodass es sich der zugewendeten Seite der um den Elektromagneten circulirenden Kreisströme parallel streckt. In einem Drahtstücke, was

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