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erscheinende Rückstandsbildung Zeit haben, sich zu entwickeln.

Die Erscheinungen, an denen Poisson seine Theorie ausbildete, waren Bewegungen starrer Magnete und magnetisir- 386 baren Eisens im Luftraume. Später ist die Theorie von Sir W. Thomson auch auf die Bewegungen starrer Körper in magnetisirbaren Flüssigkeiten ausgedehnt worden mit Beziehung auf Faraday's diamagnetische Versuche. Sobald sich die Molecüle magnetisch oder elektrisch polarisirter Medien gegeneinander verschieben können, wie in Flüssigkeiten oder in biegsamen elastischen Körpern, so kommen neben den ursprünglich angenommenen Fernkräften noch nothwendig moleculare Wirkungen in Betracht. Die in Richtung der Kraftlinien hintereinander liegenden Molecüle kehren einander befreundete Pole zu und müssen sich gegenseitig anziehen, die seitlich nebeneinander liegenden werden sich gegenseitig abstossen. Die bekannte Theorie der magnetischen Fernwirkung zeigt, dass parallel gerichtete kleine Magnete sich anziehen, wenn die Verbindungslinie ihrer Mittelpunkte einen spitzen Winkel mit der magnetischen Axe beider macht, der kleiner ist als 54° 44′ (arc cos 1/13), sich abstossen, wenn der spitze Winkel grösser ist. Damit in Uebereinstimmung ist Faraday's Voraussetzung, dass in den magnetisch oder dielektrisch polarisirten Medien ein Zustand von Spannung bestehe in Richtung der Kraftlinien, infolge dessen sich diese zu verkürzen streben, während quer gegen die genannten Linien ein Druck wirke, der die Substanz in dieser Richtung auseinander treibe. Sir W. Thomson') hat schon 1843 den Beweis geführt, dass Kräfte dieser Art dieselben Wirkungen hervorbringen können, wie die directen Fernwirkungen nach der Theorie von Coulomb, und Cl. Maxwell hat diese Annahme von Faraday zur Grundlage seiner ganzen Theorie der Elektricität und des Magnetismus gemacht. Die jüngst veröffentlichten Versuche von Hrn. Quincke zeigen in sehr auffallender Weise das Bestreben elektrischer Isolatoren, sich quer

1) Thomson, Cambridge Mathem. Journ. May 1843. Art. VIII § 147.

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gegen die Richtung der elektrischen Kraftlinien zu dehnen, wenn auch diese Versuche über das Verhalten in Richtung der Kraftlinien noch Zweifel bestehen lassen.

Zweck der vorliegenden Arbeit ist zu zeigen, dass, wenn 387 die Consequenzen von Poisson's Theorie auch nur in der angegebenen Ausdehnung, d. h. in ihrer Anwendung auf die Bewegungen starrer Körper im Luftraume als thatsächlich richtige Beschreibung der beobachtbaren Erscheinungen angesehen werden, und das Gesetz von der Constanz der Energie für dieses Gebiet von Erscheinungen als gültig betrachtet wird, dieses Gesetz allein ohne alle Zuziehung von Hypothesen über die innere Constitution der elektrisch oder magnetisch polarisirten Körper es möglich macht, auch die ponderomotorischen Kräfte zu finden, welche auf die inneren Theile solcher Körper einwirken und bei Formänderungen derselben sich geltend machen. Es ergiebt sich dabei in der That, dass das von Faraday angenommene System von Spannungen längs der Kraftlinien und Drucken quer dagegen im Innern solcher Körper wirksam sein muss. Die einzige Abweichung, welche meine Analyse gegen die von den Herren W. Thomson und Cl. Maxwell aufgestellten Formeln zeigt, ist, dass sie noch eine zweite Constante eintreten macht, durch welche das Verhältniss zwischen den Grössen jener Drucke und Spannungen von der Art der Substanz abhängig gemacht wird. 1)

§ 1. Die Arbeit bei Bewegungen starrer polarisirter Körper im Luftraum.

Da die hierher gehörigen Probleme bei ihrer Anwendung auf Elektricität etwas allgemeinere Form erhalten als bei Poisson's ursprünglicher Anwendung derselben auf Magnetisirung, so will ich im Folgenden zunächst die Benennungen der Elektricitätslehre anwenden. Die Uebertragung auf Magnete erfordert nachher nur unerhebliche Aenderungen. Es mögen λ, u, v die Com

1) Meine in Bd. 72 von Borchardt's Journal für reine u. angew. Mathematik gegebene Darstellung passt, dem dortigen Zwecke entsprechend, nur auf die innerhalb eines ponderabeln Trägers fortgleitende Elektricität.

ponenten der diëlektrischen Momente eines polarisirten Isolators sein, berechnet für die Volumeneinheit seiner Substanz, parallel den Axen der x, y, z genommen; ausserdem möge ɛ die Raumdichtigkeit, e die Flächendichtigkeit von aussen zugeleiteter Elektricität in seinem Innern oder an seiner Oberfläche 388 bedeuten, und die Potentialfunction aller freien, d. h. nicht durch die Polarisirung der Substanz neutralisirten Elektricität sein, so wären die nach Poisson's Vorgang zu bildenden Gleichungen, welche die Abhängigkeit der genannten Grössen voneinander ausdrücken:

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und die Flächendichtigkeit, wenn N1 und N2 die auf der Fläche nach beiden Seiten hin errichteten Normalen sind, und N1 mit den positiven Coordinatenaxen die Winkel a1, b1, c1 macht:

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=e-(2-2). cosa (μ-μ).cos b1-(v1 - v2). cos c2

(1b)

Die ponderomotorischen Kräfte, welche wirksam werden, wenn einer der elektrisirten Körper, den wir mit A bezeichnen wollen, bewegt wird, sind nach Poisson's Annahme gleich den Fernkräften, welche die gesammte vorhandene freie Elektricität der übrigen Körper auf die jedes einzelnen ausübt. Das virtuelle Moment dieser Kräfte bei wirklich eintretenden Verschiebungen oder die Arbeit, welche die genannten Kräfte bei solcher Verschiebung verrichten, wird infolge dessen gegeben durch die Aenderung, die durch die Verschiebung im Werthe des Potentials Paller freier Elektricität gegeneinander eintritt, während diese selbst in jedem Punkte des bewegten Körpers als unverändert betrachtet wird. Dieses Potential ist:

P=fff4.e.dx.dy.dz + § fp.E.dw,

Helmholtz, wissensch. Abhandlungen.

51

(1c)

und seine Aenderung bei eintretender Bewegung wird sein:

§ P = {ƒƒƒ e.§q.dx.dz + § § §.§q.dw,

(1 d)

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Hierin bedeutet Sp die Aenderung, welche in dem betreffenden Punkte des bewegten Körpers sowohl durch seine eigene 389 Bewegung wie durch die aller anderen Punkte eintritt, in deren jedem die freie Elektricität als unveränderlich betrachtet wird. Würde unter dq nur die durch die eigene Bewegung des betreffenden Punktes erzeugte Aenderung verstanden, so wäre der Factor wegzulassen.

Poisson's Theorie hat, wie schon bemerkt, als Grundlage nur die Erfahrungen, welche bei der Bewegung starrer magnetisirter Körper im Luftraume gemacht waren. Um nun auch in allgemeineren Fällen die Grösse der bei der Bewegung elektrisirter Körper aufzuwendenden Arbeit berechnen zu können, habe ich den Integralen, welche den Werth der Energie ausdrücken, eine besondere Form gegeben. Im allgemeinen kommt darin eine ganze Reihe verschiedener Grössen vor, Potentialfunctionen, Momente, Dichtigkeiten, die durch die Gleichgewichtsbedingungen voneinander abhängig sind, und man kann mittels der letzteren Bedingungen bald die eine, bald die andere der genannten Grössen aus dem Werthe der Energie eliminiren oder auch in ihn einführen. Unter allen diesen Formen giebt es nun eine, welche ich die Normalform nennen möchte, bei der die Variation ersten Grades des betreffenden Integrals, welche einer willkürlichen Variation der abhängigen und bei Herstellung des Gleichgewichts sich verändernden Grössen entspricht, gleich Null wird. Bei der Anwendung einer solchen Form hat man den Vortheil, dass bei Berechnung der Aenderung des Arbeitswerthes infolge irgend einer anderen Einwirkung die dabei eintretenden Aenderungen jener erstgenannten Grössen ausser Betracht gelassen werden können, eben weil die durch ihre Aenderung bewirkte Arbeit gleich Null ist.

In unserem Falle bilden wir das über den unendlichen Raum zu erstreckende Integral:

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(2)

2

дф

მდ

дф

2

− 517 [(6x)2 + (69) + (87)"]} dz.dy.dz+fp.e.do,

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u,

mit den Bedingungen, dass = 0, im Falle 2, μ, v oder Ich will das hier und in der Folge so

q variirt werden.

schreiben:

dμW

d2 W = dμW = d, W = d1, W = 0.

P

(2 a) 390

Führen wir diese Variationen aus, so erhalten wir in der That die oben unter (1), (1a) und (1b) aufgeführten Bedingungsgleichungen.

Um zu berechnen, welche Aenderung im Werthe von W bei Lagenänderungen eines oder mehrerer der elektrisirten starren Körper eintritt, wollen wir zunächst annehmen, dass dabei nicht bloss die Grössen & und e, sondern auch 2, u, v in jedem materiellen Punkte und Volumenelement der betreffenden Körper ihre Werthe unverändert behalten, dann würde auch überall der Werth der durch die Gleichungen (1a) und (1b) bestimmten freien Elektricität, beziehlich der Grössen 49 und (09/0N1+04/0N) in jedem materiellen Punkte unverändert bleiben, aber sich ändern wegen der geänderten räumlichen Verhältnisse. Um die entsprechende Variation von W zu finden, würden wir den Betrag der zu integrirenden Grössen für jedes Volumenelement der betreffenden Körper vor und nach der Verschiebung zu vergleichen haben, nachdem wir den Theil:

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aus der ersten in die zweite Form umgeschrieben haben. Dann sind die Integrale nur über das Innere der elektrisirten Körper zu erstrecken, da ɛ, 2, p, r, 49 in dem zwischen diesen liegenden Raum in Poisson's Theorie gleich Null gesetzt werden, und es wird:

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