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mentes Entwickelung von Wasserstoff als Gas an der Platte beobachten, zu der er hingeführt wird, also scheinbare Wasserzersetzung. Dass dies vorkommt, ist schon von früheren Beobachtern gesehen worden, aber ohne nähere Feststellung der Bedingungen.

Nur wenig anders verlaufen die Dinge, wenn ohne Ver- 492 änderung des Zustandes der Elektroden die elektrolytische Flüssigkeit gasleer gemacht wird dadurch, dass man sie Wochen lang im Vacuum der Quecksilberpumpe erhält. Stark verdünnte Schwefelsäure gelang es mir so frei von Gas zu machen, dass sie beim Auspumpen sich nicht mehr vom Gefässe loslöste, sondern unter dem negativen Drucke einer Quecksilbersäule von 60 mm noch nicht zerriss. Aber auch bei Anwendung von destillirtem Wasser habe ich es stets dahin bringen können, dass die aus dem Wasser etwa noch entweichenden Spuren von Luft im Laufe von drei bis vier Tagen den Druck in dem Vacuum, dessen Volumen etwa ein Sechstel von dem der Flüssigkeit betrug, und welches nur Wasserdampf enthielt, nicht mehr in wahrnehmbarer Weise steigerten.

Auch noch unter diesen Umständen traten, wenn die Platten mit einem der beiden Gase reichlich beladen waren, Ströme ein, welche mehrere Tage dauern konnten, aber doch schliesslich bis zu nicht mehr wahrnehmbarer Stärke herabsanken. Der hierbei gebrauchte Multiplicator zeigte einen Grad Ablenkung, wenn ihn ein Strom durchfloss, der in 24 Stunden 0,03 ccm Wasserstoff zu entwickeln im Stande war. Ein zweiter Unterschied besteht darin, dass, wie schon bemerkt, die Verstärkung des Stromes durch Bewegung der Flüssigkeit fortfiel.

Dagegen zeigte sich in diesen Fällen der Einfluss der in den Platinplatten occludirten Gase sehr deutlich, wenn ich die Grösse des in ihnen beiden enthaltenen Gasvorraths veränderte. Zu dem Ende führte ich bei anfänglicher Sauerstoffbeladung der Platten an beide leitend verbundene Platten auf elektrolytischem Wege kleine Mengen Wasserstoff. Die zweite Elektrode war das mit ein wenig Zink versetzte Quecksilber, die elektrolytische Flüssigkeit war destillirtes Wasser. Je

öfter ich das that, desto kürzer wurde sowohl der Strom, den ein Daniell'sches Element in dem Voltameter hervorrief, als auch der Depolarisationsstrom nach Ausschaltung des Daniell's. 493 Dieselben Stadien der Stromstärke, die anfangs bei reichlicher Sauerstoff beladung in 24 Stunden durchlaufen waren, wurden schliesslich bei möglichst gereinigten Platten in 18 Minuten durchlaufen. Führte ich aber, nachdem dieses Stadium eingetreten war, noch weiteren Wasserstoff an die Platten, so stieg wieder die Stromesdauer, weil nun Wasserstoff beladung der Platten eintrat. Uebrigens glaube ich hierbei noch nicht das Minimum der Gasbeladung der Platten erreicht zu haben, weil auch bei dem Minimum der Stromesdauer, das ich erreichte, ein kleiner Unterschied in der Zeitdauer zu Gunsten des polarisirenden Stromes im Vergleich mit dem depolarisirenden bestehen blieb. Es ist aber eine sehr langwierige Arbeit, dieses Minimum herzustellen, weil die Gase sich im Metall ausserordentlich langsam vorwärts bewegen, wenn sie durch keine äussere elektromotorische Kraft gedrängt werden; die letzten Reste derselben fortzuschaffen ist deshalb äusserst zeitraubend.

Und diese Langsamkeit der Gasbewegung zu zeigen, will ich nur noch Folgendes anführen: Polarisirte Platinplatten, in den gewöhnlichen lufthaltigen Flüssigkeiten stehend, verlieren ihre Polarisation anscheinend in wenigen Stunden oder selbst Minuten, wenn sie miteinander leitend verbunden werden. Auf diesem Umstande beruhte ja z. B. die Brauchbarkeit der von Hrn. du Bois-Reymond früher gebrauchten polarisirbaren Elektroden für thierisch - elektrische Versuche. Dagegen in gasfreier Flüssigkeit schwindet die Polarisation anfangs zwar schnell, später aber sehr langsam. Ich habe in einem solchen Falle den depolarisirenden Strom 16 Tage lang am Multiplicator beobachtet. Aus den elektrolytischen Aequivalenten des vorher zur Polarisirung der Platten gebrauchten Stromes und des nachher noch bestehenden Depolarisationsstromes ergab sich, dass noch Monate vergehen mussten, ehe ein so schwacher Strom, wie der letztgenannte, den Rest der noch vorhandenen Gasbeladungen hätte beseitigen können.

Die Erscheinungen, welche bei der Polarisation denen des Rückstandes in einer Leydener Flasche ähnlich sind, er- 494 klären sich durch die Occlusion der Gase. Wenn Wasserstoff in eine Platinplatte hineingedrängt wird, und man den Strom einige Secunden unterbricht, so hat das Gas während dieser Unterbrechung Zeit, sich weiter in das Innere vorzuschieben und dadurch seine Dichtigkeit in den oberflächlichen Schichten zu vermindern. Schliesst man den Stromkreis wieder, so ist der Widerstand gegen das Eindringen neuen Wasserstoffes dadurch vermindert worden, der Strom wird stärker sein können. Umgekehrt kann der Depolarisationsstrom das bis zur Oberfläche vorgedrungene Gas beseitigen: unterbricht man ihn, so wird der von innen langsam herandrängende Wasserstoff sich an der Oberfläche anhäufen und deren Polarisation verstärken können. Es ist bekannt, dass hinter einer Sauerstoffpolarisation in einer Platinplatte noch gleichzeitig eine ältere Wasserstoffpolarisation bestehen kann, welche letztere zum Vorschein kommt, wenn erstere geschwunden ist, und umgekehrt.

Soweit ich sehe, erklären sich die hierher gehörigen Erscheinungen ohne Schwierigkeit, wenn man für die Fortbewegung der in den Metallen occludirten Gase dieselben Gesetze wie für die Wärmeleitung annimmt.

Endlich ist zu bemerken, dass in diesen Fällen, nachdem der condensatorische Strom verlaufen ist, d. h. die nur an der Oberfläche der Platten gebundenen Elektricitätsmengen entladen sind, weitere Strömung nur noch eintreten kann in dem Maasse, als noch Gasquanta aus dem Innern des Metalls an die Oberfläche dringen. Wenn dies nur noch sehr langsam geschieht, so wird die Stromstärke in dem Kreise so gut wie unabhängig von seinem Widerstande, sodass in meinen Versuchen Einschaltungen von 20 bis 60 Meilen Telegraphendraht zwar für einige Secunden die Nadel des Multiplicators zurückweichen machten, sie dann aber bald wieder auf ihre frühere Ablenkung kommen liessen. Der Widerstand des übrigen Stromkreises betrug dabei etwa nur zwei Meilen desselben Drahtes; das Verhalten der bei wechselndem Widerstande im Kreise 495 eintretenden dauernden Stromstärken war ebenso, als bestände Helmholtz, wissensch. Abhandlungen.

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an der Oberfläche der Platten ein Uebergangswiderstand, gegen den 40 bis 60 Meilen Draht verschwindend klein waren. Dieser ungeheuere scheinbare Uebergangswiderstand bestand aber nur für die gerade vorhandene Stromrichtung; sowie man einen Strom von entgegengesetzter Richtung hervorrief, war nichts von einem solchen Widerstande vorhanden. Dies gilt nicht nur für Platinelektroden, die durch ein Daniell'sches Element nahehin bis zum Maximum polarisirt sind, sondern auch für solche, die sich bis beinahe zum Verschwinden der Polarisation wieder depolarisirt haben und also ihrem natürlichen Zustande möglichst nahe gekommen sind.

XLIII.

Bericht über Versuche des Hrn. Dr. E. Root aus Boston, die Durchdringung des Platins mit elektrolytischen Gasen betreffend.

Aus: Poggendorff's Annalen Bd. CLIX. S. 416–420.

berichte der Berliner Akademie 1876, 16. März.

Monats

Die von mir unter dem 21. Juli 1873 der Akademie vor- 416 gelegten Versuche hatten mich zu der Ansicht geführt, dass bei der galvanischen Polarisation nicht nur oberflächlich haftende, sondern auch tiefer in das Platin eingedrungene Theile der Gase eine Rolle spielen müssten, wovon die Möglichkeit durch die von Graham am Palladium und Platin ausgeführten Versuche schon angezeigt war. Um das Eindringen der Gase in das Platin bei der galvanischen Polarisation wirklich zu erweisen, veranlasste ich Hrn. Dr. Elihu Root im Physikalischen Laboratorium der hiesigen Universität durch Versuche zu ermitteln, ob der durch Elektrolyse gegen die eine Seite einer dünnen Platinplatte geführte Wasserstoff nach einiger Zeit sich auch an der entgegengesetzten Seite dadurch bemerkbar machen werde, dass er auch dort galvanische Polarisation hervorbringe. Diese Versuche haben in der That den erwarteten Erfolg ergeben.

An die beiden entgegengesetzten Seiten eines 0,02 mm dicken und vertical gestellten Platinbleches wurden mit Siegellack die ebenen Ränder zweier Glasgefässe angekittet, welche die Gestalt von tubulirten Retortenvorlagen hatten. Die eine Oeffnung eines jeden war an die genannte Platinplatte mit Siegellack angekittet, die zweite nach oben gewendet. Die

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