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gruppen, welche man senkrecht zu ihren Strahlen bilden kann, nicht zahlreich genug, um eine merkliche Wirkung hervorzubringen. Steht aber die Sonne dem Horizont nahe, so haben ihre Strahlen in den untern Schichten der Atmosphäre, welche gerade solche kleine Körperchen in Menge enthalten, einen hinlänglich weiten Weg zu durchlaufen, um die beugende Wirkung der Schirmchengruppen, welche man aus jenen Partikelchen bilden kann, in merklichem Grade zu erfahren. Jeder Punkt der Sonne mufs dadurch selbst röthlich und noch von stärker geröthetem gebeugtem Lichte umgeben erscheinen; indem sich nun die rothen Aureolen benachbarter Punkte übereinanderlagern, wird sich dem directen Lichte jedes Sonnenpunktes noch das gebeugte der Nachbarpunkte beigesellen und dadurch dessen Röthe nochmals vertiefen. Darum mufs bei einer Lichtfläche die rothe Färbung noch auffallender hervortreten als bei einem isolirten Lichtpunkt. Während die Lichtscheiben der Sonne und des Mondes am Horizont in prächtigen Orangeroth erglänzen, bemerkt man die röthliche Färbung auf- oder untergehender Fixsterne kaum. -Entfernte weifse Flächen, wie die Gletscher und Firnfelder der Alpen, dem Horizont nahe Wolken, zeigen, von der untergehenden Sonne beleuchtet, oft ein in's Purpurne ziehendes Roth, während eine in der Nähe befindliche weifse Mauer nur orangeroth gefärbt erscheint. Das von jenen reflectirte Licht hat nämlich bis zu unserm Auge noch eine hinlänglich dicke Luftschicht zu durchlaufen, um die beugende Wirkung der darin suspendirten Körperchen nochmals zu erfahren. Bisher haben wir es unentschieden gelassen, ob feste Körperchen oder feine Wassertheilchen die beugende Wirkung ausüben. Ohne Zweifel haben auch die festen Stäubchen einen grofsen Antheil daran; nehmen wir aber mit Forbes an, dafs hauptsächlich der Wasserdampf im Beginne seiner Verdichtung, d. h. wenn er, vorher noch vollkommen gasförmig, flüssiges Wasser in Gestalt von äusserst feinen Bläschen oder Tröpfchen auszuscheiden anfängt, dabei wirksam sey, so unterscheidet sich unsere Theorie von der seinigen blofs Poggendorff's Annal. Bd. CXXXI, 8

dadurch, dafs die Eigenschaft des sich verdichtenden Wasserdampfes, die rothen Strahlen reichlicher durchzulassen, aus der Natur des Lichtes erklärt, und nicht blofs dem Wasserdampf, sondern ebenso gut jedem andern von feinen Partikelchen getrübten Mittel zugeschrieben wird. Die gegenwärtige Theorie ist somit auch der nämlichen Folgerungen fähig, wie die Forbes'sche, z. B. hinsichtlich der meteorologischen Bedeutung des Morgen- und Abendroths.

Uebrigens scheint mir, dafs die Morgen- und Abendrothe nur dann, wenn sie ganz besonders brillant auftritt und der ganze Morgen- oder Abendhimmel feurig erglüht, vorwiegend der Wirkung des Wasserdampfs im Uebergangszustande zugeschrieben werden darf. Wenn dagegen die auf- oder untergehende Sonne blofs als röthliche Scheibe, ähnlich dem Monde am Horizont, erscheint, so glaube ich, dafs die in der Atmosphäre schwebenden trockenen Stäubchen genügen, diese Färbung zu erklären. Ein ganz ähnliches Aussehen, wie in letzterem Falle, zeigt die Sonne auch bei Gegenwart von Höhenrauch, auch wenn sie noch hoch am Himmel steht. Hierher gehört ferner noch die rothe Farbe, welche die Sonne nach dem Berichte der Reisenden zeigt, wenn der Samum den Wüstenstaub aufgewirbelt hat.

Das Spectrum der untergehenden Sonne ist in neuerer Zeit von Janssen genauer untersucht worden. Dasselbe erscheint gegen das violette Ende hin continuirlich geschwächt; in minder brechbarem Theile dagegen treten, bei sonst ungeschwächter Lichtstärke, zu den schon vorhandenen und nur deutlicher gewordenen Fraunhofer'schen Linien noch neue dunkle Linien hinzu. Diese letztere Erscheinung ist, meiner Ansicht nach, dem Absorptionsvermögen des gasför migen Wasserdampfes zuzuschreiben, während die allgemeine Schwächung der brechbareren Strahlen von der beugenden Wirkung der feineren Wassertheilchen und Stäubchen herrührt.

Nach denselben Principien erklärt sich überhaupt die Thatsache, dafs unvollkommen durchsichtige, d. h. durch Beimischung sehr feiner Partikelchen getrübte Mittel die

minder brechbaren Strahlen leichter durchlassen als die brechbareren. Solche Mittel sind z. B. Flüssigkeiten, welche durch feinzertheilte Niederschläge getrübt sind, der Rauchquarz, das Milchglas, vielleicht auch das schwarze undurchsichtige Glas, welches die dunklen Wärmestrahlen reichlich durchläfst; ferner der Rauch, eine mit Rufs geschwärzte Glasplatte.

Endlich rechne ich noch hierher die von Hankel zuerst gemachte Beobachtung, dafs das Licht, welches unter sehr schiefer Incidenz von einer matten Glasplatte zurückgeworfen wird, röthlich gefärbt erscheint. Fällt nämlich weifses Licht unter einem kleineren Einfallswinkel auf die Platte, so wirken die zwischen den Erhabenheiten befindlichen kleinen Vertiefungen etwa wie kleine verschiedenartig orientirte Hohlspiegel, und zerstreuen daher die Lichtstrahlen nach verschiedenen Richtungen. Ein Spiegelbild der Lichtquelle kann daher nicht zu Stande kommen, und das diffuse zurückgeworfene Licht wird, trotz vielfacher aber unregelmässiger Interferenzen, weifs erscheinen. Sind aber die einfallenden Strahlen stark zur Platte geneigt, so gelangt blofs solches Licht ins Auge, welches auf den durch den Schliff in eine Ebene gebrachten Gipfeln der Erhabenheiten reflectirt wird, wie man diefs aus dem blofsen Anblick der Figur 2 erkennt. Figur 2.

Es wird daher ein Bild der Lichtquelle, und zwar in röthlicher Nüance, gesehen werden; denn die schmalen Lichtbündel, welche von den Gipfeln der Hervorra gungen zurückgeworfen werden, verhalten sich gerade so, als ob sie durch sehr kleine Oeffnungen hindurchgegangen

wären.

6. In den >> Fortschritten der Physik im Jahre 1861 « ist bei Besprechung meiner eingangs erwähnten Abhandlung gegen den darin ausgesprochenen Gedanken, dafs das rothe Licht der untergehenden Sonne durch die beugende Wirkung kleiner Partikelchen verursacht werde, der Einwand erhoben worden, dafs man dabei nicht einsehe, wohin das complementare blaue Licht komme. Wenn nämlich bei an

dern Interferenzerscheinungen Farben aus weifsem Licht erzeugt werden, so geschehe es immer so, dafs Alles (Durchgegangenes und Reflectirtes) zusammengenommen wieder Weifs giebt. In diesem Falle sey das von den Schirmchen aufgehaltene (reflectirte, absorbirte) Licht offenbar weifs, und somit sollte diefs für die Gesammtheit des durchgegangenen Lichtes auch gelten.

Hierauf lässt sich Folgendes entgegnen. Die ganze, im Vorigen entwickelte Theorie ist auf die Hypothese gegründet, dafs die Gesetze der Beugung ganz unabhängig von der Gröfse der Oeffnungen gelten, auch wenn diese noch so grofs oder klein sind. Ich glaube nicht, dafs diese Annahme mit Erfolg bestritten werden kann; wenigstens ist dieselbe bisher stillschweigeud immer anerkannt worden, und mir ist keine Thatsache bekannt, welche derselben widerspricht. Giebt man aber zu, dafs die Beugungsgesetze auch noch für so kleine Oeffnungen gelten, so ist der Satz, dafs durch sie die violetten Strahlen in höherem Grade geschwächt werden als die rothen, als nothwendige Consequenz der Undulationstheorie zu betrachten.

Bei andern Interferenzerscheinungen, z. B. den Farben dünner Plättchen, giebt das durchgelasssene Licht mit dem reflectirten allerdings wieder Weifs. Für die Beugungserscheinungen aber gilt dieser Satz überhaupt nicht, mögen nun die beugenden Oeffnungen grofs oder klein seyn. Hier ist nämlich das von den undurchsichtigen Theilen aufgehaltene Licht weifs, wie das einfallende. Demnach müfste, wie richtig bemerkt worden, auch das gebeugte Licht zusammengefasst wieder Weifs geben. Hierzu wäre nöthig, dafs z. B. für eine spaltförmige Oeffnung das Integral

Επ

2 sin

2༼(intaisinp
sin y)2 dy,

0

welches für jede Farbe die Gesammtintensität des gebeugten Lichtes ausdrückt, von 2 unabhängig wäre, was aber offenbar nicht der Fall ist. Gegen die Beugungserscheinungen

lässt sich also überhaupt der obige Einwand nicht geltend machen.

Die im vorigen Paragraphen aufgezählten und als Beugungsphänomene aufgefafsten Thatsachen haben Babinet veranlafst, als Postulat den Satz aufzustellen, dafs die Strahlen kurzer Wellenlänge durch Hindernisse, welche nicht specifischer Natur sind (das heifst wohl durch feine Körperchen, gleichviel aus welcher Materie sie bestehen) eher vernichtet werden, als die längeren Wellen. Dieser Satz ist z. B. in Billet, Traité d'optique physique, Tome I p. 166, als » Babinet's Princip« aufgeführt. Die gegenwärtige Arbeit, ebenso wie die frühere oben citirte, können daher als Versuche betrachtet werden, dieses bisher nicht bewiesene Princip von Babinet mit den Grundlehren der Undulationstheorie zu verknüpfen.

VI. Bestimmung der Brechungsexponenten und specifischen Gewichte einiger flüssigen Haloidverbindungen; von Dr. A. Haagen.

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Die nachfolgenden Bestimmungen, welche ich im Labora

torium des Hrn Prof. Landolt ausgeführt habe, sind zu dem Zwecke unternommen worden, die Refractionsaequivalente einer Anzahl von Elementen abzuleiten.

Zur Ermittelung der Brechungsindices dienten zwei Meyerstein'sche Spectrometer. Das gröfsere mit NonienAblesung von 10 Secunden gestattete die Exponenten sicher auf vier Decimalen, schwankend in der fünften um vier Einheiten zu bestimmen. Das kleinere Instrument, welches zur Untersuchung der rauchenden Chlorverbindungen benutzt wurde, liefs die Winkel auf eine Minute ablesen; die mit demselben ermittelten Indices sind auf drei Decimalen genau, die vierte schwankt um drei bis vier Einheiten. Die angewandte Methode war stets die der Minimalablenkung,

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