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dem Waschen und Trocknen, überhaupt auf dieselbe Art und Weise untersucht, wie oben für den Niederschlag aus Serum angegeben wurde, ebenfalls die Reactionen der Carbaminsäure zeigt, beim Kochen seiner Lösung scheidet sich kohlensaurer Kalk aus unter Entweichen von Ammoniak. Eine Verwechselung eines anderen Körpers mit Carbaminsäure ist nicht möglich; Harnstoff wird unter den obwaltenden Umständen nicht gefällt, auch Cyansäure ist ausgeschlossen, denn als eine Portion des feingeriebenen Niederschlags in eine Lösung von schwefelsaurem Ammon eingetragen und einige Zeit mit dieser erhitzt wurde, konnte im Filtrat durch Neutralisiren mit Schwefelsäure, Abdampfen auf dem Wasserbade, Ausziehen mit Alkohol, Filtriren und Abdampfen der alkoholischen Flüssigkeit kein Harnstoff nachgewiesen werden; der Rückstand war nur ein wenig mit einer Spur organischer Substanz verunreinigtes Ammonsalz.

Die Thatsache, dass Carbaminsäure sich überall bildet, wo Kohlensäure und Ammoniak im Entstehungszustande zusammentreffen, sowie dass diese Säure sich im Blute findet, ist wohl geeignet, ein neues Licht auf die Bildung des Harnstoffes im thierischen Organismus zu werfen. Aus carbaminsauren Salzen hat man schon mehrfach Harnstoff dargestellt, so Basarow 1) durch einfaches Erhitzen des carbaminsauren Ammons in einer zugeschmolzenen Röhre auf 130—140o C., ferner habe ich 2) nachgewiesen, dass bei der Einwirkung von Wasser auf Natriumcyamid bei ca. 150° C. das zunächst gebildete carbaminsaure Natron zerfällt in Harnstoff und kohlensaures Natron:

2 NH2. CO. O Na = CO

NH2

{ NH2

+ Co O Na

{

10 Na'

es liegt also der Schluss nahe, es möchte das im Serum vorhandene carbaminsaure Salz im lebenden Organismus eine ähnliche Zersetzung erleiden, etwa durch ein Ferment. Unter dieser Annahme würde sich für die Entstehung des Harnstoffes im Thierkörper folgender Weg ergeben: Zersetzung der albuminoiden Körper in die längst gekannten Producte: Leucin, Tyrosin, Glycocoll, Ammoniak u. s. w. Diese liefern bei der Oxydation direct und indirect Carbaminsäure, welche mit dem vorhandenen

4) Ann. Chem. Pharm. CXLVI, 142.
2) Journ. f. pr. Chem. [2], XI, 329.

180 DR. E. DRECHSEL, ÜBER DIE ENTSTEHUNG DER CARBAMINSÄURE.

Natron in Verbindung tritt. Das entstandene carbaminsaure Salz aber zerfällt dann unter dem Einfluss irgend eines Fermentes in Harnstoff und kohlensaures Salz. Ich bin noch mit Versuchen beschäftigt, um diese Zersetzung thatsächlich nachzuweisen und behalte mir spätere Mittheilungen hierüber vor.

Leipzig, den 20. Juli 1875.

W. Hankel, Ueber die thermoelektrischen Eigenschaften des Gypses, des Diopsids, des Orthoklases, des Albits und des Periklins.

In der 8., 9. und 10. Abhandlung meiner elektrischen Untersuchungen habe ich die thermoelektrischen Eigenschaften des Topases, des Schwerspathes und des Aragonites, also dreier Mineralien, deren Krystalle dem rhombischen Systeme angehören und keinen Hemimorphismus zeigen, näher dargelegt; in der 11. wurden sodann die Beobachtungen der elektrischen Vorgänge an vier sogenannten einaxigen Substanzen, nämlich an zwei in hexagonalen oder rhomboedrischen Gestalten krystallisirenden, dem Kalkspathe und dem Beryll, und an zwei in den Formen des tetragonalen Systemes auftretenden, dem Idokras (Vesuvian) und dem Apophyllite (Ichthyophthalm) mitgetheilt. In der zwölften Abhandlung, 1) welche ich jetzt der Gesellschaft vorzulegen mich beehre, gehe ich nun zur Darlegung der thermoelektrischen Erscheinungen an solchen Mineralien über, deren Krystalle den schiefaxigen Systemen, und zwar sowohl dem monoklinoedrischen als auch dem triklinoedrischen angehören, und behandle in derselben die Krystalle des Gypses, des Diopsids, des Orthoklases, des Albits und des Periklins. Ich werde mich jedoch hier auf eine Zusammenstellung der allgemeinen Resultate, zu welchen meine Untersuchungen geführt haben, beschränken, und bemerke nur, dass ich einen grossen Theil der untersuchten Krystalle auf den vier dieser Abhandlung beigefügten Tafeln abgebildet, und die an den verschiedenen Stellen der Oberfläche dieser Krystalle beobachteten elektrischen Spannungen in jene Abbildungen eingetragen habe. Dabei sind, wie dies auch der leichteren Uebersicht wegen früher von mir geschehen, die posi

4) Dieselbe erscheint im XVIII. Bd. der Abbandlg. der Königl. Sächs. Gesellsch. der Wissenschaft. (11. Bd. der Abh. der math. phys. Classe).

tiven und negativen Zonen durch Ueberdrucken mit verschiedenen Farben leicht kenntlich gemacht worden.

Der Kürze wegen gebe ich im Folgenden für alle Krystalle nur diejenige Vertheilung der beiden Elektricitäten an, wie sie beim Erkalten auftritt; beim Erhitzen ist sie die gerade entgegengesetzte. Während die Gypskrystalle nur bis zu 98° C. erhitzt wurden, sind die Krystalle der übrigen Mineralien einer Temperatur von 130° bis 140° ausgesetzt worden.

I. Gyps.

Die Vertheilung der Elektricität auf der Oberfläche der Gypskrystalle von den verschiedensten Fundorten ist sehr constant.

Auf den einfachen Krystallen sind beim Erkalten die Flächen ∞oPoo negativ, dagegen die Flächen der verticalen Prismen P und oo P2, sowie die Flächen der negativen Halbpyramide P positiv. Nur greift bisweilen, namentlich wenn die Flächen ∞∞ keine grosse Ausdehnung besitzen, die ihnen entsprechende negative Polarität mehr oder weniger auf die benachbarten Prismenflächen ∞o P und oo P 2 hinüber.

Durch die Zwillingsbildung, welche beim Gyps in zweifacher Weise (1, Zwillingsaxe die Hauptaxe, und 2, Zwillingsaxe die Normale auf dem negativen Hemidoma - Poo) statt hat, wird, ebenso wie ich dies früher beim Aragonit nachgewiesen, die zuvor angegebene elektrische Vertheilung nicht geändert.

Wird ein Gypskrystall parallel seinem vollkommensten Durchgange, also parallel dem klinodiagonalen Hauptschnitte oder den Flächen oo Poo gespalten, so zeigen seine Theile ein analoges elektrisches Verhalten, 1) wie bei zersprengten Topasund Apophyllitkrystallen. Wird parallel der negativen Krystallfläche Peine dünne Platte abgespalten, so ist die innere Spaltungsfläche dieser Platte positiv, während die am grossen Stücke befindliche Spaltungsfläche, welche an der zuvorgenannten angelegen hatte, negativ verbleibt, wenn auch schwächer als die Krystallfläche. Bei immer tieferem Eindringen der Spaltungsfläche gegen die Mitte des Krystalles hin nimmt diese negative Spannung auf der Durchgangsfläche am grösseren Stücke ab, bis sie bei einer gewissen Annäherung an die Mitte ebenfalls

1) Nur mit entgegengesetzten Zeichen der Elektricität.

in die positive übergeht; dann zeigen also beide Spaltungsflächen, die vorher auf einander gelegen hatten, positive Polarität.

Auf Flächen, welche senkrecht gegen die Hauptaxe oder senkrecht gegen die Orthodiagonale angeschliffen sind, besteht die positive Spannung, welche auf den durch den Schnitt abgetrennten Krystallflächen ihren Sitz hatte, wenn auch in geänderter Intensität, fort.

Während die Art der Vertheilung auf den Gypskrystallen der verschiedenen Fundorte sich nicht ändert, zeigen sich dagegen sehr beträchtliche Unterschiede in der Stärke der elektrischen Erregungen. Am grössten erscheint die elektrische Spannung auf den nach dem oben erwähnten ersten Gesetze (Zwillingsaxe die Hauptaxe) gebildeten Zwillingen aus der Mariengrotte bei Reinhardtsbrunn oder Friedrichsrode, an welchen nicht das Prisma P, sondern vielmehr das Prisma P2 auftritt. Schwächer, und zwar je nach dem Fundorte in mehr oder minderem Grade ist die elektrische Spannung auf den einfachen Krystallen, welche von den Gestalten P, ooPoo und -P gebildet werden; noch schwächer wird sie auf den längeren säulenförmigen Krystallen, an welchen ausser den ebengenannten Flächen auch die Flächen der positiven Halbpyramide + P sich finden; und endlich ist sie auf den nach dem zweiten Gesetze (Zwillingsaxe die Normale auf dem negativen Hemidoma - Poo) gebildeten Zwillingsbruchstücken vom Montmartre äusserst schwach, ja oft unmerklich, während sie wieder auf den gleichgebildeten Zwillingskrystallen von Castellina in Toscana in nicht unbeträchtlicher Stärke sich zeigt.

II. Diopsid.

Unter dem Namen Diopsid begreift man die graulichweissen, grünlichweissen bis lauchgrünen durchsichtigen oder wenigstens stark durchscheinenden Augite. Gewöhnlich erscheinen die Diopsidkrystalle als vierseitige, von den Flächen ooPoo und ∞ P∞ gebildete Säulen, deren Seitenkanten durch schmale Flächen ooP und ∞o P3 abgestumpft sind, während die Enden der Hauptaxe die Flächen der Pyramiden - P und 2 P tragen. Auf den Flächen oo Poo und ooPoo liegen nun vorzugsweise die elektrischen Zonen.

In Betreff der Vertheilung der beiden Elektricitäten unter jene Flächen tritt beim Diopsid eine Eigenthümlichkeit auf, die

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