Page images
PDF
EPUB

F. Zirkel, Die Zusammensetzung des Kersantons.

Mit dem Namen Kersanton bezeichnet man bekanntlich dioritähnliche Gesteinsvorkommnisse der Bretagne, insbesondere der Gegend von Brest, welche dort unregelmässige, z. Th. mächtige Gänge in Thonschiefer und Grauwacke der Silurformation bilden und wegen ihrer leichten Bearbeitbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Atmosphärilien sowohl zu zahlreichen grössern Bauwerken als zu feinern gothischen Ornamenten namentlich der Kirchen verwandt werden. Fast alles, was wir davon wissen und was unsere Lehrbücher darüber berichten, verdanken wir der trefflichen petrographischen Beschreibung, welche Delesse schon 1851 in den Annales des mines (IV. Serie) tome XIX pag. 175 geliefert hat. Diese Mittheilungen knüpfen. sich an die dort angeführten Untersuchungen über vogesische Gesteine von Visembach, von Ste Marie-aux-mines (Markirchen) und von der Mühle Dugard bei Francheville, welche der französische Forscher wegen ihrer ausserordentlich grossen Analogie mit dem bretonischen Kersanton wohl überflüssiger Weise mit dem ähnlich klingenden aber besondern Namen Kersantit bezeichnet.

Im Besitz einer Anzahl Präparate, welche ich von typischen Handstücken des Kersantons der Bretagne angefertigt habe, führe ich im Folgenden einige Ergebnisse des mikroskopischen Studiums derselben an, welche zur nähern Kenntniss des Gesteins beitragen können, und gewisse, sonst noch nicht beobachtete Eigenthümlichkeiten betreffen. Sämmtliche der untersuchten Stücke stimmen in den Hauptzügen der Zusammensetzung und Ausbildung auffallend unter einander überein.

Delesse nennt mit Recht als die beiden vorwaltendsten Gemengtheile triklinen Feldspath und dunkeln Glimmer, daneben Kalkspath. Makroskopisch beobachtet man an den körnig aussehenden Gesteinen weissen oder grauen Feldspath, dunkel

[ocr errors]

braune bis schwarze Glimmerblätter und etwas verschwommene grünliche Lamellen. Das Mikroskop lässt erkennen, dass auch der Quarz, der bisher als »assez rare« galt, zu den wesentlichen, allemal und reichlich vorhandenen Elementen gehört; ferner ist Apatit in solcher Menge und Constanz zugegen, dass er nicht zu den bloss accessorischen Gemengtheilen gezählt werden darf; von Hornblende ist seltsamer Weise keine Spur vorhanden.

Der Feldspath, der angegriffenste Gemengtheil, erscheint in den Dünnschliffen gewöhnlich trübe und kaum pellucid, namentlich an den Rändern der Individuen; dennoch treten manchmal noch Rudimente trikliner Zwillingsstreifung hervor und es ist nicht zweifelhaft, dass wenigstens weitaus die allermeisten Feldspathe dem Plagioklas angehören. Hin und wieder zeigen sich, ähnlich dem Verhalten der Feldspathe in den Graniten, regelmässige Durchschnitts-Contouren. Bemerkenswerth ist es, dass oft einige der verzwillingten Lamellen ganz klar und pellucid geblieben, die Nachbarn alle zu völlig trüber Substanz zersetzt sind; jene verlaufen daher als wohl hervortretende wasserklare schmale Streifchen parallel unter einander. Diese, vermuthlich auf abweichender Zersetzbarkeit der einzelnen Lamellen beruhende Erscheinung ist, trotzdem sie bei den angegriffenen Plagioklasen der ältern Massengesteine keineswegs selten vorkommt, meines Wissens niemals hervorgehoben worden. Bei sehr starker Vergrösserung (Hartnack's Objectiv Nr. 10) gewahrt man, dass die von der Umwandlung erfassten Feldspathe aus bald verWorren gelagerten, bald aber auch eisblumenähnlich auseinander laufenden blass isabellfarbigen Fäserchen zusammengesetzt sind, wodurch mitunter eine förmlich filzige Structur hervorgebracht wird. Die scharfen, nach allen Richtungen hindurchgesteckten Apatitnadeln haben aber, wie üblich, ihre völlige Frische bewahrt.

Ein zweiter Hauptgemengtheil des Kersantons ist Magnesiaglimmer. Delesse sah hexagonale Prismen desselben von der Höhe mehrerer Mm. und grosse schwarze Lamellen von mehr als 1 Cm. Länge. Dieser eisenreiche Glimmer wird durch Chlorwasserstoffsäure nicht unbeträchtlich angegriffen und entfärbt sich dabei sehr leicht. In den Dünnschliffen des körnigen Gesteins erscheinen die reichlichen Biotitlamellen natürlich in jederlei Richtung gelagert. Die Horizontaldurchschnitte sind oft recht scharf sechsseitig umrandet, von röthlichgelber, gelblichbrauner,

namentlich eigenthümlich bräunlichrother Farbe; bisweilen fügen sich mehrere kleinere, selbst abwechslungsreich gewachsene Glimmertafeln zu einer im Umriss roher oder ausgeprägter hexagonalen Figur zusammen. Die völlig normal zur Instrumentaxe liegenden Lamellen sind ganz undichroitisch, die geneigten stark dichroitisch mit bedeutender Absorption; die Lamellation ist oft gestaucht, streckenweise gewunden. Die braunen Lamellen enthalten mitunter, was makroskopisch noch nicht wahrgenommen wurde, ganz farblose zwischen sich.

Die Magnesiaglimmer des Kersantons sind in den Handstücken von verschiedenen Fundpunkten ausgezeichnet durch eigenthümliche eingewachsene Mikrolithen, welche bis jetzt noch nirgendwo in diesem Gemengtheil beobachtet wurden, aber eine weite Verbreitung zu besitzen scheinen, wie sie denn z. B. den Glimmern der krystallinischen Schiefer in den nordamericanischen Territorien Nevada, Utah, Colorado sehr reichlich eingelagert sind. Diese Mikrolithen, welche man am besten in den horizontal gelegenen Blättern wahrnimmt, sind an sich farblos, stachelähnlich oder nadelförmig, meist an einem Ende etwas breiter, am andern in eine Spitze ausgezogen, hier auch wohl schwach dichotom. Wenn auch die Mikrolithen stellenweise zu dreien oder vieren mit einem Ende zusammengefügt, oder zu mehrern in Form eines Büschels vereinigt sind, oder gar, einander regellos durchwachsend, einen lockern Filz gestalten, so ist es doch unverkennbar, dass ihre Einbettung in dem Biotit von der, vermuthlich mit dem hexagonalen Krystallsystem des letztern zusammenhängenden Tendenz beherrscht wird, sich einzeln unter Winkeln von 60° zu durchkreuzen. Bei grosser Schmalheit sehen die Nädelchen wie ein schwarzer Strich aus. Diese Mikrolithen, deren mineralogische Natur unbekannt ist - als Muscovit dürfen sie wohl schwerlich gedeutet werden kommen nicht etwa auch als isolirte Gesteinsgemengtheile vor, sondern gehören als solche eigenthümlich und besonders dem Glimmer an In dem Glimmer liegen auch dunkle, eckige und zackige Körner, welche aber an den Rändern nicht opak genug sind, um sie für Magneteisen zu halten.

[ocr errors]

In inniger Vereinigung mit dem Biotit tritt in allen untersuchten Kersanton-Handstücken eine blassgrüne, graulichgrüne, oft ganz aquamarinfarbige Substanz auf, welche mit ihm durch einen höchst allmählichen Uebergang verknüpft ist, wie dies bei

allen Durchschnittsformen, welche der Glimmer bildet, beobachtet werden kann. Bei den horizontalen Durchschnitten bildet dieses Mineral einen äussern, mit der innern braunrothen Partie oft förmlich verschwommenen Rand, wobei dann wohl die oben erwähnten Mikrolithen aus der centralen Glimmermasse ein Stück weit in die grünliche peripherische Zone hineinragen; nur selten findet sich eine einigermassen wohlbezeichnete Grenze zwischen Glimmer und der Randsubstanz. Besser noch tritt der Uebergang bei den Glimmer-Querschnitten hervor, die ebenfalls von einer solchen blassgrünen Zone umgeben werden, in welche die einzelnen braunen Lamellen ganz allmählich verlaufen. Die grünliche Substanz bildet ausserdem selbständige Partien ohne irgendwie charakteristische Randbegrenzung, in denen man übrigens manchmal verschwommene Glimmerlamellen beobachtet. Sie ist gewöhnlich stetig ausgedehnt, nicht lamellar, oft aber auch kleinschuppig oder selbst verworren-radialfaserig, im letztern Falle zu mehreren einzelnen kugeligen Gruppen zusammengehäuft. Hin und wieder finden sich in den als solche homogenen Theilen ähnliche farblose Mikrolithen, welche ebenfalls sich unter 60o zu durchkreuzen geneigt sind. Keine Spur von Dichroismus ist an diesem Gemengtheil zu gewahren.

Nach seiner ganzen Erscheinungsweise wird man in diesem Gemengtheil wohl ein Mineral von chloritischer Natur zu sehen haben. Es scheint, dass die innige Verbindung mit dem Glimmer auf der Verwandtschaft beider Mineralien beruht und dass keinerlei zwingende Gründe vorliegen, die grüne Substanz etwa als ein Umwandlungsproduct des Glimmers anzusehen.

Delesse sagt: »Le kersanton contient des lamelles de couleur vert foncé ayant quelquefois plusieurs Mm. de longueur, qui au premier abord ressemblent de l'amphibole; elles sont cependant beaucoup moins dures et leur éclat est un peu terne. Après calcination elles deviennent noir-brunâtre et magnétique. on peut les séparer par le barreau aimanté. J'ai constaté que ces lamelles, qui donnent en partie au kersanton sa couleur verte, se dissolvent à froid et avec une vive effervescence dans l'acide hydrochlorique; elles sont donc formées par un carbonate de fer contenant sans doute d'autres bases, telles que de la chaux et de la magnésie . . . On reconnait qu' il y a toujours du carbonate de fer disséminé dans la roche, à l'effervescence qu'elle produit, quand on la traite par l'acide hydrochlorique après que l'effer

vescence, due à l'acide acétique, a cessé; l'acide carbonique se dégage surtout des parties de la roche, qui ont la couleur verte.«

Nach den Eingangsworten dieser Stelle und nach dem makroskopischen Gefüge der Handstücke hat Delesse hier diejenige Substanz im Auge, von welcher im Vorstehenden zuletzt die Rede war. Dieser grünliche Gemengtheil kann aber nicht als hauptsächlich aus Eisenspath bestehend angenommen werden. Wenn schon ein Blick durch das Mikroskop namentlich auf die Verbindungsweise desselben mit dem Glimmer diese Vermuthung zu einer sehr unwahrscheinlichen macht und ferner das kohlensaure Eisenoxydul überhaupt nicht grün ist, so widerspricht ihr auch das Verhalten dünngeschliffener Kersantonplättchen gegen Salzsäure. Legt man einen isolirten Dünnschliff ohne Canadabalsam auf einen Objectträger, so beobachtet man bei schwacher Vergrösserung u. d. M. mit grösster Zuverlässigkeit, dass eine Gasentwicklung blos von den farblosen Kalkspathpartikeln des Gesteins ausgeht und dass im auffallenden Gegensatz zu den bestimmten Aeusserungen Delesse's - von dem grünen Gemengtheil, da wo er die Oberfläche bildet, sich kein einziges perlendes Gasbläschen ablöst. Auch wenn man die Kersanton-Lamelle, aus welcher aller Kalkspath durch Säure rasch herausgeätzt ist, einige Zeit in kalte Salzsäure legt, wird dieser Gemengtheil nicht wesentlich angegriffen und behält seine grüne Farbe. Erst wenn man längere Zeit hindurch das Gestein mit heisser Salzsäure behandelt, tritt eine Bleichung desselben ein, wobei auch die braune Farbe des Magnesiaglimmers verblasst. Aber selbst bei sechstägiger Aetzung mit heisser Salzsäure war das grüne Mineral nicht gelöst, auch nicht einmal zerstört, sondern nur wie der Glimmer gebleicht. Aus kohlensaurem Eisenoxydul kann dasselbe demzufolge nicht bestehen, wohl aber sprechen diese Reactionen mit für seine chloritische Natur. Wie das Eisenoxydulcarbonat sich als integrirender Gemengtheil der Gesteine u. d. M. darbietet, dies ist an mehreren Basalten, z. B. an dem einst von Bergemann chemisch untersuchten von Steinbahn bei Siegburg unweit Bonn sehr gut zu beobachten. Der damit Vertraute wird aber in den Kersanton-Präparaten nichts, was auch nur entfernt daran erinnerte, wiederfinden.

[ocr errors]
[ocr errors]

Alle untersuchten Handstücke des Kersantons waren ferner reich an Quarz, dessen grosse Menge sich bei der frühern Beobachtung der Bruch- oder Schlifffläche im auffallenden Licht

« ՆախորդըՇարունակել »