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Selbststudium, sicher vorwärts zu schreiten, verdienen mit Auszeichnung genannt zu werden.

Physik: In dieser Doctrin besitzt der Abiturient umfassende und gründliche Kenntnisse, welche durch eindringende Schärfe der Auffassung, durch innern Zusammenhang und durch Anwendung der ihm zu Gebote stehenden mathematischen Hülfe auch für die Folge gesichert bleiben werden.

Die unterzeichnete Prüfungscommission entlässt ihn unter Bezeugung ihres vorzüglichen Beifalls mit den besten Glück- und Segenswünschen zur Fortsetzung seiner so glücklich begonnenen Studien."

Das Lehrercollegium des Potsdamer Gymnasiums konnte später mit Recht stolz sein auf die Ausbildung, die es dem jungen Manne hatte zu Theil werden lassen. „Man bestrebte sich, uns viel lesen zu lassen, und schliesslich konnten wir die Schriftsteller, für die wir etwas eingeübt waren, mit Leichtigkeit lesen, und haben auch privatim, ausserhalb der Schulstunden, theils dies gethan, theils daneben noch fremde Sprachen getrieben. Ich habe Englisch und Italienisch auf der Schule privatim getrieben, auch Hebräisch mitgemacht, und sogar noch eine besonders gute Note im Hebräischen bekommen. Sogar Arabisch habe ich in Prima angefangen bei einem Lehrer, der Arabisch konnte, und das Alles ging ganz gut nebenbei." Er las noch später in seinen Mussestunden die Fabeln des Lokmân in der Ursprache.

Sogleich nach Empfang des Abiturientenzeugnisses wandte sich am 16. September sein Vater an den General-Stabsarzt v. Wiebel: „ich empfehle den guten Zögling, meinen grössten Schatz, auf dessen Erziehung ich meine besten Kräfte verwandt habe, der väterlichen Fürsorge eines wegen seiner Güte so gepriesenen Mannes. . . . Möge mein Sohn Ihnen diesen Dank dereinst im reichsten Maasse zahlen, dass Sie

mit freudigem Stolz auf ihn herabschauen." Der Vater musste sich bereit erklären, dem Sohne für die Zeit seiner Studien eine monatliche Zulage von sechs Thalern zukommen zu lassen und dieselbe in vierteljährlichen Raten pränumerando an die Kasse des Institutes auszuzahlen, während der Eleve verpflichtet wurde, nach der auf königl. Kosten bewirkten, fünf Jahre währenden Ausbildung als Compagnieoder Escadron-Chirurgus zu dienen und zwar acht hinter einander folgende Jahre.

So trat nun Hermann Helmholtz, von Wissensdurst getrieben und von tiefer innerer Liebe zu den Naturwissenschaften beseelt, denen seine Zukunft geweiht sein sollte, in ein neues Leben ein, zu seinem eigenen Glücke und zum Segen der wissenschaftlichen Welt nicht einseitig ausgebildet, sondern vermöge seiner individuellen Naturanlage und Dank den rastlosen Bemühungen seiner Eltern, deren geistiges Niveau sich stets auf idealer Höhe gehalten, getragen von Begeisterung und Liebe für Musik und Poesie, für Kunst und Wissenschaft.

Helmholtz als Eleve des Königl. medicinischchirurgischen Friedrich-Wilhelms-Instituts in Berlin von Michaelis 1838 bis Michaelis 1842.

Am 26. September 1838 verliess Hermann Helmholtz im Alter von 17 Jahren das elterliche Haus, um in das Königl. medicinisch-chirurgische Friedrich-Wilhelms-Institut in Berlin einzutreten, deren Zöglinge, zu Militärärzten bestimmt, an der Universität wie die übrigen Studirenden der Medicin ihre Ausbildung erhielten und dann im CharitéKrankenhause eine Zeit lang praktische Dienste leisteten.

Kaum angekommen, giebt er am 31. October seinen Eltern eine kurze Schilderung der ihm ungewohnten, streng geregelten Verhältnisse:

„Ich bin den Freitag hier gesund angelangt. Meine Sachen langten kurz danach an. Die Aufwärter und der Portier machten erst Schwierigkeiten wegen des Instruments, weil ich auf eine Stube quartirt worden war, wo es keinen Platz hatte. Die Nebenstube von dieser ist für zwei bestimmt und hatte hinreichenden Raum, ich liess es also in diese stellen und sagte, der Oberstabsarzt Grimm habe mir erlaubt, es mitzubringen. Die Stube ist für uns beide. ziemlich geräumig, sie liegt zwei Treppen hoch an dem dem Eingange gegenüberliegenden Ende des Gebäudes, so dass ich einen Weg wie die halbe Hoditzstrasse machen muss, um von ihr aus auf die Strasse zu kommen. Ein Unangenehmes hat die Stube, nämlich dass die neben

wohnenden drei Eleven immer durch dieselbe hindurchgehen, obgleich es ihnen eigentlich verboten ist, und sie über den Hof gehen sollten, indessen ist es nicht zu ändern; auch wäre es hart für sie, wenn sie, um zum Aufwärter zu kommen, sollten zwei ziemliche Treppen hinab und dann eben so hoch wieder hinaufsteigen. Um Euch das Ganze deutlicher zu machen, will ich einen kleinen Plan zeichnen ..... Mein Stubengenosse ist der Sohn eines schlesischen Baumeisters; er ist schon hier ein halbes Jahr auf der Akademie gewesen, d. h. er hat die Collegien und Stunden auf der Anstalt gehabt, aber nicht darin gewohnt und gegessen. Er hat eine wahrhaft rasende Geschicklichkeit im Clavierspielen, aber findet auch nur an solchen colorirten Sachen und der neueren italienischen Musik Geschmack. Es sind bis jetzt auch einige andere auf unsere Stube gekommen, die in den Ferien die Instrumente, welche sie gemiethet hatten, weggeschickt hatten, das wird jetzt hoffentlich aufhören... Frau v. Bernuth hat mich höchst reichlich bis jetzt beköstigt, oft so, dass ich kaum noch die beiden Treppen zu meiner Stube ersteigen konnte. Jedesmal, wenn ich von Tisch aufstehe, zählt sie alles her, was ich schlecht gemacht habe, und findet, dass ich mich schon etwas gebessert habe..... Auf der Ausstellung sind einige neue Bilder, aber es ist nicht viel daran, das einzige, was mir mehr gefallen hat, ist eine Jephta Den Studienplan haben wir noch nicht. Sobald ich das wirkliche Leben hier werde etwas kennen gelernt haben, werde ich Euch wieder schreiben. Bis jetzt habe ich schon die Entfernung von Euch unangenehm genug gefühlt, dadurch, dass Alles bezahlt sein will, und die älteren Eleven, die häufig zu uns kommen, um sich die Füchse zu besehen, rauben fast alle ruhigen Augenblicke . . . . .“

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Schon am 2. November trifft ein Brief des Vaters ein voll guter Lehren und Sorge für ihn, den Stolz und die Freude der Familie:

„Lieber Sohn! Wir haben uns sehr gefreut, aus Deinem Briefe zu ersehen, dass Du glücklich angekommen bist und Deine Sachen erhalten hast; besonders konnte Mutter es kaum erwarten, dass ein Brief von Dir ankomme; sie war förmlich krank aus Verlangen nach Nachrichten von Dir. Deine Stube liegt nicht weit von dem Zimmer, in welchem ich selbst meine Universitätsjahre verlebt habe, es waren die Fenster nach der Friedrichstrasse über dem Dir zunächst liegenden Thorweg. Mögest Du in dem Deinen so glücklich sein und so viel schöne Augenblicke eines höheren Lebens in dem Deinigen verleben, als mir in dem Meinigen zu Theil geworden sind. Die Unannehmlichkeiten des ersten Empfanges als Fuchs waren vorauszusehen, sie werden keinem erlassen, doch tröste Dich damit, dass es das letzte Mal ist, dass Du Dich durch dergleichen durcharbeiten. musst, und benimm Dich besonnen und selbständig, so wird die Sache bald aufhören: ich wünsche Dir nur, dass Dein Stubenbursche ein wackerer und fleissiger Mensch sei, das wäre für Dich ein grosses Glück; dass Ihr so tüchtig Clavier spielt, giebt Dir ja die beste Gelegenheit, Dich selbst darin zu vervollkommnen, und sei nicht so bequem, weil er besser als Du spielt, ihm das Spielen zu überlassen, denn durch ein ähnliches Verhältniss habe ich das Wenige verlernt, was ich gekonnt: besonders aber lass Dir nicht den Geschmack für die geistige, tiefe, deutsche und alte Musik durch den Ohrenkitzel und das Geflimmer der neuen italienischen Ueberspanntheit rauben, die letztere ist verführend, die erste bildend. Den Unterricht der Cousine Bernuth nimm Du dankbar an, wenn er auch in einer rauhen Form gegeben wird; hinter den Formen des feineren Umgangs liegt in der Regel ein tiefer Sinn, der nur vergessen ist, daher sie denn auch gar sehr in der Welt beliebt machen und fördern; ihnen Seele zu geben, damit sie aufhören leere Form und Schein zu sein, kommt auf einen jeden selbst an .. Wir sind alle wohl, haben Dich alle sehr lieb,

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