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habe ich auch einen ersten Orden bekommen, und zwar einen holländischen, den niederländischen Löwen. Wie mir Professor Donders aus Utrecht schreibt, ist dort ein neues Hospital für Augenkranke unter seiner Leitung gebaut und feierlich eingeweiht worden, und bei dieser Veranlassung hat man es passend gefunden, der Erfindung des Augenspiegels in solcher Weise zu gedenken. Du siehst, dass mir Heidelberg Glück bringt in Bezug auf äussere Anerkennung."

Die Antwort des Vaters spricht die grosse Freude über das Glück seiner Kinder aus; es war der letzte Brief des 67 jährigen kränkelnden Greises an seinen Sohn; die Zeilen voll geistiger Frische enthalten noch eine Kritik des neuen Werkes zur Seelenfrage von seinem Freunde Fichte, und schliessen mit den Worten:

„Die Schwierigkeit der Wechselwirkung zwischen Geist und Leib glaube ich allerdings klarer lösen zu können, als es Fichte gelungen ist, wegen der vielen Seitenblicke, die er nach anderer Meinungen wirft, und die ihm ein ruhiges Vertiefen in die eigene Anschauung und ein consequentes Entwickeln aus ihr heraus stören; sollte Dich das interessiren, da es die Bedeutung des Leiblichen und das Verhältniss desselben zum Geistigen betrifft, so will ich es Dir, wenn ich es gründlicher und systematischer geformt haben werde, schicken. Denn wenn gleich Deine Aufgabe die scharfe Ermittelung des Körperlichen, seines Zusammenhanges und der Bedeutung des einzelnen im Körper und für den Körper ist, so scheint doch auch diese geleitet werden zu müssen von dem Begriff, was denn nun der Körper überhaupt für die Seele sei und bedeute, und was überhaupt das Leben in ihr entwickele; überhaupt würde auch die Anthropologie sowohl wie die Seelenfrage manches in Dir anregen, was Dich in Deiner materiellen Untersuchung leiten könnte."

Nach Schluss der Wintervorlesungen reiste Helmholtz am 27. März 1859 zur Festfeier der bayerischen Akademie

nach München und berichtet am 30. von dort aus seiner Frau:

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Mir ist es bisher hier vortrefflich gegangen. Am Sonntag früh erschienen Eisenlohr und der hiesige Physiker Jolly, um mich abzuholen. Nachdem wir uns in der Akademie eingeschrieben hatten, brachte uns Jolly in Kaulbach's Atelier, der eben mit einem riesigen Carton der Schlacht von Salamis beschäftigt war, einem höchst gewaltigen und grossen Werke. Kaulbach selbst, den ich auch später beim ersten Festessen wiedergesehen habe, ist eine ausserordentlich liebenswürdige und feine Künstlernatur, mit regem Interesse für Alles, dem sich nur entfernt eine Beziehung auf die Kunst abgewinnen lässt. Er ist auch hier der Liebling Aller.

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Nachher flanirten wir etwas durch die Strassen, machten dann Visiten bei einigen Akademikern; zum Mittag und Abend lud mich gleich Jolly ein, dessen Frau aus Heidelberg eine Schwägerin von Weber ist.

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Der Montag verging en grande parure. Um 9 Uhr Gottesdienst mit einer ganz wackeren Predigt in der protestantischen Kirche; um 11 Uhr Sitzung, wo König Ludwig erschien und sich uns vorstellen liess . . . . In der Sitzung hielt ein katholischer Altbayer, ein Orientalist Müller, eine Rede über die Geschichte der Akademie, worin er sich in grösster Heftigkeit gegen die Jesuiten losliess, dass ich meinen Ohren nicht traute. Da das Essen spät war, frühstückte ich in grösserer Gesellschaft ein Glas Bier, welches hier in der That alle auswärtigen Nachahmungen des Bayrischen Bieres bei weitem übertrifft. Um 3 Uhr ein sehr grosses Festessen hier im Bayrischen Hofe. Ich sass zwischen Schönbein und Bischoff, gegenüber Liebig und Kaulbach, es war sehr amüsant. Abends ein Stück von Terenz im kleinen Theater.

Gestern früh war ich mit Eisenlohr in der optischen Werkstatt von Steinheil (Ministerialrath) ausserhalb der

Stadt, und sah viel Vortreffliches. Dann eine ziemlich langweilige Sitzung mit Reden, nachher wieder Bayrisch Bier und Mittagsruhe. Dann Essen bei Majestät, dem eine sehr lange und ausführliche Vorstellung vorausging. Der König ist sehr freundlich, spricht verständig, scheint aber die schlechte Ernährung von seinem Vater geerbt zu haben. Freute sich, mich persönlich kennen zu lernen, ich dankte für gnädige Bewilligung; er hoffte, dass ich für die Architectur von Sälen würde akustische Aufschlüsse erhalten, ich konnte ihm darauf wenig Aussicht machen. Sehr brillante Tafel im Barbarossa - Saal, sehr feines und wenig substantielles Essen, wie ich es liebe. Nachher im Theater Oedipus von Colonos mit Musik von Mendelssohn, die ihm aber nicht mehr so gut geflossen ist, wie die der Antigone. Heute sind uns die Säle des Schlosses geöffnet, am Abend grosses Maifest im Rathhause, wobei feierlich der Bock angezapft werden soll ....

.. Ich muss schliessen, da R. Wagner gleich kommen wird mich abzuholen."

Bei Gelegenheit dieser akademischen Feier hielt nun Helmholtz am 2. April einen Vortrag Ueber die Klangfarbe der Vocale"; den wesentlichen Inhalt desselben theilte er in Poggendorff's Annalen mit, nachdem er schon früher Donders mündlich seine Theorie der Vocale dargelegt und später schriftlich ergänzt hatte.

Wie er am 13. Juni 1859 an Ludwig schrieb, war er schon durch die nothwendige Vorstudie über die Bewegung der Luft in Röhren zu einer festen Theorie der Klangfarbe gelangt. Hier giebt er eine ausführlichere Entwickelung derselben, nach welcher Klänge von verschiedener Klangfarbe und gleicher Höhe des Grundtones für das Ohr verschieden sind durch die verschiedene Zahl und Stärke der harmonischen Obertöne, oder die Klangfarbe bedingt ist durch Zusammensetzung des Grundtones mit verschieden starken Obertönen. Er bezeichnet als musiKoenigsberger, Helmholtz-Biographie. I.

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