Page images
PDF
EPUB

fichtigen ist, behält sie ihren Character als Fortschreitung vom Unbekannten zum Bekannten, vom Zusammengesetzten zum Einfachen amreinsten bei. Wörtliche Ueberseßungen vervollständigen die Analyse und machen dieselbe auf einer späteren Stufe allein aus. Man lernt so die Sprache ohne großen Zeitverlust verstehen und in derselben denken, man kann gleich anfangs richtig überseßen, man durchläuft nicht erst das Stadium der Unrichtigkeit und Mangelhaftigkeit, um zur Richtigkeit und Wirklichkeit zu gelangen. Die Eindrücke, die man von der fremden Sprache erhält, sind rein und unvermischt, nicht erst durch falsche und fremdartige Zusäße getrübt. Der Geist einer Sprache rückt dem Auge näher, die Eigenthümlichkeit und das Verschiedenartige derselben, verglichen mit der Muttersprache, ist leichter erkennbar. Eine solche wörtliche Ueberseßung muß aber zweckmäßig verfertigt sein, sie darf weder zu fklavisch-wörtlich noch allzu frei sein. Die erstere giebt kein richtiges Bild von der Sprache wegen ihrer Unverständlichkeit; die lehtere ist zwar verständlich, wird aber durch ihre zu große Entfernung vom Original mehr Nachahmung als Ueberseßung, und verfehlt so ihren Zweck ebenfalls.

IV. Auswendiglernen, Wiederholen und dop= peltes Ueberseßen. Alle Wörter und Säße übe man auf das forgfältigste ein oder lerne fie geradezu auswendig, und zwar in doppelter Weise, einmahl von der fremden Sprache aus, und zweitens von der deutschen Sprache aus, indem man abwechselnd bald die zusammenhängenden Säße, bald die darin vorkommenden einzelnen Wörter in ihrer lexikalischen sowohl als grammatischen Gestalt durchnimmt. Die Hauptaufgabe auf Seiten des Schülers für die schnelle und sichere Erlernung einer Sprache besteht darin, daß er alles gut und sorgfältig einübe oder auswendig lerne, und sich auf diese Weise vorbereite. Das scheinbar Schwierige dabei wir bald schwinden, da das rationale Zerlegen in die kleinsten Bestandtheile und das beständige Vergleichen der fremden Sprache mit der Muttersprache und der Muttersprache mit der fremden ein geistiger Act ist, und keine Spur von Mechanischem an sich trägt. Man schließt von etwas Gegebenem immer erst auf das nicht Gegebene. Mechanisch ist das Lernen nur, wenn man fortlaufende Terte ohne Vergleichung, oder einzelne unaufgelöste und in keinem Zusammenhang stehende Wörter, oder tødte, unerklärte Formen, oder auch grammatisch - syntaktische Regeln auswendig lernt. Hier ist kein Anhaltspunkt gegeben, das eine wird nicht durch das andere nothwendig bedingt. Dies ist wirklich geistlos und tödtet den Geist. Außer diesem rationalen Auswendiglernen ist häufige Wiederholung des Gelernten nothwendig. Ueberseßt man, wie es nach der gewöhnlichen Lehrart geschieht, Bücher über Bücher, durchläuft man sie so schnell als möglich, so lassen fie keine rechte Spur im Geiste zurück; die Eindrücke, die man von der fremden Sprache erhalten soll, haben nicht Zeit, sich im Gedächtniß festzuseßen; die in den Büchern vorkommenden Wörter und Nedensarten stehen uns nicht zu Gebote; wir haben statt der wirklichen Kenntniß nur einige dunkle Erinnerungen, welche bewirken, daß wir

von einem grammatikalischen Fehler und Germanismus in den andern fallen.

V. Man lernt die Sprache durch Ohr und Auge zugleich. Eine Sprache, besonders eine neuere, muß nicht bloß, wie es gewöhnlich durch das mündliche Ueberseßen aus der fremden Sprache in die Muttersprache und durch das schriftliche aus der Muttersprache in die fremde geschieht, mit dem Auge, sondern gleich vom Anfang an auch durch das Ohr gelernt werden. Der Lehrer lasse den Schüler nicht eigentlich aus dem Buche überseßen, sondern frage ihm die Lection ab, und zwar auf die oben angegebene doppelte Art, sowohl von der deutschen Sprache, als auch vorzugsweise von der fremden Sprache aus. Hierdurch wird der Lernende gleich anfangs an die Laute der fremden Sprache gewöhnt und läuft nicht, wie nach der gewöhnlichen Methode, Gefahr, beim Sprechen selbst diejenigen Wörter nicht einmahl zu erkennen und zu verstehen, die er schon weiß. Die Kluft zwischen den verschiedenen Stadien praktischer Spracherlernung ist dann nicht so auffallend groß, sie wird leichter und schneller ausgefüllt, es finden keine schroffen, den Schüler entmuthigenden Uebergänge Statt. Es bildet sich bei dem Schüler das Gehör feiner aus, er erlangt ein so zu nennendes fremdes Ohr, und dies sezt naturgemäß auch wiederum seine Zunge schneller in Bewegung.

VI. Die Aussprache lernt man ebenfalls durch Ohr und Auge zugleich. Bei Sprachen, deren Aussprache größere Schwierigkeiten darbietet, wie bei der Englischen und auch Französischen, erleichtert man diese sehr und bewirkt große Richtigkeit, wenn man sie weder allein durch das Ohr, noch allein durch das Auge auffaßt, sondern beide zu Hülfe nimmt. Durch eine kritische und so genaue Bezeichnung der Aussprache, als es nur irgend die Muttersprache gestattet, (es schadet durchaus nichts, wenn es in manchen Fällen auch nur annäherungsweise geschehen kann, da der Unterricht alles näher bestimmt und ausgleicht) wird dem lernenden Anfänger großer Beistand geleistet, und er macht wirklich recht auffallende Fortschritte in einer reinen und richtigen Aussprache, zumahl wenn man auch, namentlich besonders im Englischen, etwas Theorie damit verbindet, welche ebenfalls, wie es in unserm Lehrbuche geschehen ist, wieder durch praktische Beispiele erläutert wird.

VII. Die Synthese. Die synthetischen Uebungen beginnen entweder gleichzeitig mit den analytischen oder beffer einige Zeit nachher, nachdem der Schüler schon einigen Wortvorrath gesammelt und schon einige Bekanntschaft mit den wichtigsten Formen der Grammatik gemacht hat. Sie bilden, gleich den analytischen, mehrere verschiedene Stufen. Auf der ersten Stufe überseht man kurze und leichte Säße aus der deutschen in die fremde Sprache, zuerst mündlich, dann auch schriftlich. Die nöthigen Wörter werden für jeden Saß nachgewiesen und demselben voraufgeschickt, wobei zugleich nicht nur alles erforderliche Grammatikalische mitgetheilt, sondern auch der wahre Werth und Inhalt der Wörter nach einer, nicht durch die fremde Sprache, sondern durch die Muttersprache des Lernenden

zu bestimmenden Synonymik angegeben wird. Etymologische Bemerkungen über den Ursprung und die Herkunft der Wörter, nas mentlich bei den Romanischen Sprachen aus der Lateinischen, werden für solche, die dieser Sprache mächtig sind, hier an Ort und Stelle sein, da die Kenntniß des Ursprungs nicht nur das Aufsassen und Behalten der Wörter ungemein erleichtert, sondern sehr oft auch die Unterschiede der Bedeutungen beffer erkennen läßt. (Man erwäge z. B. das französische chez, gegen dessen richtigen Gebrauch der Lernende nur dann nie fehlen kann, wenn er seinen etymologischen Ursprung kennt). Finden verwandtschaftliche Verhältnisse mit der Muttersprache Statt, sei es mit der jeßigen gebildeten Schrift- und Umgangssprache oder mit den älteren und neueren Dialekten derselben, so wird ihre Nachweisung denselben Nugen haben. Vor dem Ueberseßen der Säße mache man sich mit dem zu jedem derselben angegebenen Wörtern durch mehrmahliges Durchlesen bekannt, oder lerne fie geradezu auswendig. Auch läßt der Lehrer den Schüler fie vorher, wie überhaupt alles Einzuübende schon bei den analytischen Uebungen, der Aussprache wegen ein oder ein Paar Mahl durchlesen. Die für diese synthetischen Uebungen erforderlichen syntaktischen Regeln müssen in einer besondern und eigenthümlichen Fasfung mitgetheilt werden; es muß dabei berücksichtigt werden, daß es sich hier nicht bloß darum handelt, die Sprache verstehen zu lernen, sondern daß man aus der Muttersprache in die fremde Sprache überfeßen will. Die Grammatiker berücksichtigen gewöhnlich nur das erstere und vernachlässigen das leßtere. Viele wichtige Regeln, die für die Lernenden beim Ueberseßen aus dem Deutschen in die fremde Sprache ganz unentbehrlich sind, und gegen die sie, dem Geiste ihrer eigenen Sprache gehorchend, bei jeder Gelegenheit fehlen, werden von jenen entweder gar nicht erwähnt oder nur nebenbei ganz kurz abgefertigt oder entschieden mangelhaft und felbft ganz falsch darges stellt. Besonders stehen hier die Grammatiken der neueren lebenden Sprachen sehr gegen die der alten klassischen Sprachen zurück. Auf der zweiten Stufe, welche nach dem leichteren oder schwereren, in einfacheren oder in künstlicheren Säßen und Perioden enthaltenen Stoff in mehrere Abtheilungen zerfällt, überträgt der Schüler in der Muttersprache gegebene Säge und Auffäße aus eigenen Mitteln und mit eigenen Kräften aus dem Stegreife unter Anleitung des Lehrers in die fremde Sprache. Bei Uebertragung solcher Säge nimmt der Schüler aus seinem bis jezt erworbenen Wort- und Sprachvorrathe alles was er weiß und dessen er sich erinnert, das noch Fehlende wird von dem Lehrer ergänzt. Jeder Sag wird erst mündlich hergestellt und dann niedergeschrieben, wobei der Lehrer die Orthographie der Wörter, die der Schüler noch nicht kennt, angiebt, und bei den übri gen, wenn Unsicherheit Statt findet, nachhilft. Der Lehrer darf aber nicht geradezu alles angeben und ergänzen, indem er, wenn der Schü ler ein Wort, eine Redensart oder eine Construction nicht weiß, ihm Diese ganz einfach sagt, sondern er muß, nach wahrhaft Sokratischer Methode, welche auf eine geschickte Weise Gedanken aus andern her

vorzalocken und zu entwickeln sucht, den Schüler seines Wissens gleichsam entbinden, er muß ihn durch Fragen und Bemerkungen auf das bringen, was er nicht weiß, eine geschickte Andeutung muß dazu dienen, das Gewünschte ganz oder zum Theil aus ihm herauszulocken. Der Lehrer muß nur das sagen, was der Schüler auf keine Weise wissen, was er durch keine Induction finden kann. Die er: forderlichen, von dem Schüler auf der ersten Stufe noch nicht erworbenen grammatischen Regeln werden auf der Stelle mitgetheilt, und von dem Schüler zum Theil auch, nach Maßgabe ihrer Wichtigkeit und Schwierigkeit, niedergeschrieben; es wird von dem Lehrer auch hier beständig auf den Unterschied der Wörter, auf deren Gebrauch und Inhalt aufmerksam gemacht, aber immer nur so weit als es den vorliegenden Fall angeht; weitläufige, nicht unmittelbar zur Sache gehörige Erörterungen müssen vermieden werden. Freilich muß der Lehrer feiner Sache auch gewachsen sein; es muß ein philologisch oder wissenschaftlich gebildeter Lehrer seyn, wenn er alles genügend ausführen soll. Diese Uebungen, die man mündlich-schriftliche Ertemporalien nennen kann, unterscheiden sich, wie man sieht, von den auf Schulen üblichen Lateinischen Extemporalien dadurch, daß fie aus einem fortlaufenden genetischen Unterricht bestehen, während bei den Schulertemporalien nur dem schon gereiften Schüler etwas Deutsches vorgesagt wird, wovon derselbe auf der Stelle, ohne weitere Bemerkung, die Lateinische Uebersehung anfertigen muß; und eigentlich werden dieselben auf Schulen auch mehr als eine Prüfung denn als eine Uebung angesehen. Diese mündlich - schriftlichen Extemporalien, wie ich sie vorschlage und zu veranstalten pflege, bilden, nachdem der Schüler durch analytische Uebungen und durch die erste Stufe der synthetischen schon einige Kenntnisse erworben hat, die gründ lichste und wirksamste Sprech- und Schreibeübung, und geben dem Schüler eine Gewandtheit, Sicherheit und Richtigkeit im Ausdruck, so wie auch einen Umfang von theoretischen Kenntnissen, wogegen die Resultate der gewöhnlichen Methoden, von denen ja manche kaum zum rechten Verständnisse eines Schriftstellers, als der niedrigsten Stufe der Sprachkenntniß, führen, nur dürftig und mangelhaft genannt werden können. Auch ist diese Uebung, in Folge ihrer mannigfaltigen etymologischen, syntaktischen und synonymen Entwickelungen, eine solche scharfe Gymnastik des Geistes, wie sie durch keine Uebung der alten Methode, wenn diese auch die formale Bildung zur Hauptsache macht, erreicht wird; und was noch mehr ist, sie erregt, zumahl auch bei jüngeren Leuten, zugleich eine solche Luft und ein folches Wohlgefallen an der Sprache und an der Erlernung derselben, daß sie schon in dieser Hinsicht von dem allerhöchsten pädagogischen Interesse ist, und die Berücksichtigung der Lehrer und Schulmänner verdient. Allerdings hängt, wie schon angedeutet, sehr vieles, ja alles von der richtigen und kunstvollen Ausführung ab. Bei keiner Uebung wird die Geschicklichkeit des Lehrers mehr in Anspruch genommen als bei dieser. Auf der dritten Stufe der synthetischen Uebungen verfertigt der Schüler schriftliche Ueberseßungen

ohne Hülfe des Lehrers und ohne Angabe von Wörtern, Redensarten und grammatisch synonymischen Regeln; diese werden dann von dem Lehrer durchgesehen und verbessert. Auf der ersten und zweiten Stufe muß alles Ueberseßen aus dem Deutschen in die fremde Sprache in der Lehrstunde selbst unter Leitung und Aufsicht des Lehrers geschehen. Denn soll der Schüler dergleichen zu Hause machen, so muß man ihm zu viel vorschreiben oder man verlangt von ihm etwas, was er nicht anders als unter großer Mühe, Qual und Zeitverlust nur höchst unvollkommen zu Stande bringen kann. Daher denn die unzähligen Fehler in den Erercitien, zu deren Verbesserung der Lehrer unendliche Zeit gebraucht, und die dem Schüler doch nur wenig nüßt, indem die vortragende, zeitraubende Auseinanderseßung der Fehler, eben weil der Schüler dabei nicht selbst thätig ist, auf ihn in der Regel nur einen sehr geringen Eindruck macht, so daß er gewöhnlich die so eben mühsam erklärten und verbesserten Fehler bald darauf wieder begeht, und man hier so recht sagen kann: er läßt die Sache zu einem Ohr hinein und zum andern wieder hinausgehen. Auf der spätern dritten Stufe kann es schon eher geschehen, während aber doch auch hier die Ertemporalien in den Stunden felbst immer ihren Fortgang haben müssen. Es soll nur eine Nebung mehr sein, die aber eine noch wichtigere nicht verdrängen darf. Auf der vierten und leßten Stufe arbeitet der Schüler eigene Auffäße aus. Eigentliche Sprechübungen können schon, nachdem man auf der zweiten Stufe eine Zeit lang verweilt hat, begonnen werden, doch bedarf es ders felben bei weitem nicht so vieler und nicht so ausschließlich als nach der gewöhnlichen Methode der Sprachmeister, da sie durch die Wirks samkeit und Künstlichkeit der anderen Uebungen nicht bloß erseßt und überflüssig gemacht werden, sondern auch, wenn kein gehöriger Unterricht voraus oder daneben ging, ihre dann nicht zu läugnende Schädlichkeit vernichtet wird. Das nach unserer Methode erforderliche Minimum derselben giebt aber die nothwendige Geistesgegens wart, und vollendet die Gewandtheit, Leichtigkeit und Sicherheit des Ausdrucks.

VIII. Die Grammatik. Ihr Plaß und ihre Beschaffenheit. Grammatische Regeln und Bemerkungen werden schon vielfach sowohl bei den analytischen, als besonders auch bei den synthetischen Uebungen mitgetheilt, fie bereiten den Schüler auf die eigentliche Grammatik vor, machen ihn für dieselbe empfänglich und flößen ihm ein geistiges Interesse auch für das systematische Studium derselben ein. Nie aber lehre man die Theorie oder die Grammatik ausschließlich vor den analytischen und synthetischen Uebungen, fondern entweder nur gleichzeitig mit und neben denselben, oder nach dem der Schüler schon einige praktische Kenntnisse in der Sprache selbst erlangt hat. Die Elementar- und Formenlehre nehme man zuerst vor, und zwar so, daß in jeder Stunde ein kleiner Theil derselben (etwa eine oder zwei Seiten, je nach dem Inhalt, oder der Fähigkeit und Altersstufe des Schülers) durchgenommen und nachher eingeübt oder auswendig gelernt wird. Mit dem Zeitwort, welches gewöhnDrud von Brandes u. Schulze in Berlin, Roßßir. 8.

« ՆախորդըՇարունակել »