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Hr. Scott Russel hat Gelegenheit gehabt, das von Doppler1) zuerst erschlossene, von Buys-Ballot beobach125 tete Phänomen der Veränderung eines Tones durch Bewegung des tönenden Körpers oder des Beobachters bei viel grösserer Geschwindigkeit dieser Bewegung zu prüfen. Der Beobachter befand sich auf einer Locomotive, welche sich 50 bis 60 engl. Meilen in der Stunde (22,2 bis 26,6 m. in der Secunde) fortbewegte, wobei die Veränderung des Tones einer feststehenden Locomotivenpfeife im Augenblick des Vorbeifahrens eine ganzen Ton beträgt. Um ebensoviel werden die von feststehenden Körpern zurückgeworfenen Geräusche des Eisenbahnzuges im Vergleich zu den direct vernommenen scheinbar verändert. Die dadurch bedingte Dissonanz ist nach dem Verfasser Grund, warum das Geräusch unter Brücken und in Tunnels so unangenehm wird. Gegen seine Erklärung des Phänomens, welche mit der von Doppler übereinstimmt, machte D. Brewster mündliche Einwendungen, indem er es physiologischen Ursachen zuschieben zu müssen meint, und es mit dem subjectiven Lichtund Farbenerscheinungen vergleicht, welche durchbrochene rotirende Schirme hervorbringen. Welcher Zusammenhang dazwischen sein soll, ist nicht angegeben.

Hr. Montigny bemerkt, dass er dasselbe Phänomen an dem Tone einer Kirchenglocke mehrere Jahre früher bemerkt, indem er sich durch möglichst schnelles Laufen gegen sie hin, oder von ihr fort bewegte, und sich auch dieselbe Erklärung davon gegeben habe. (Es muss, wie Hr. Crahay hinzufügt, schnelles Laufen dazu gehören, die Beobachtung in dieser Weise zu machen.)

Unter den günstigsten Umständen kann man, wie Referent beobachtet hat, die besprochene Erscheinung an den Geläuten von Schlitten wahrnehmen, welche möglichst schnell auf einer guten Bahn dahinfahren. Wenn der Beobachter dicht an der Bahn steht, hört er im Augenblicke, wo der Schlitten an ihm vorüberfährt, den Ton der Glocken meist um einen halben Ton sinken.

1) Berl. Ber. 1845, S. 154.

Stokes. On some points in the received theory of sound.

Phil. Mag. 93

XXXIV. 52*. Challis. Continuation of researches in the mathematical theory of aërial vibrations. Phil. Mag. XXXIV. 38*.

Moon. On a difficulty suggested by professor Challis in the theory of sound. Phil. Mag. XXXIV. 136*.

Stokes. On the theory of sound. In reply to professor Challis. Phil. Mag. XXXIV. 203.

Challis. On the theoretical value of the velocity of sound, in reply to Mr. Stokes. Phil. Mag. XXXIV. 284*.

Challis. On the theory of sound. Phil. Mag. XXXIV. 348*.

Challis. Determination of the velocity of sound on the principles of hydrodynamics. Phil. Mag. XXXIV. 353*.

Airy. On the difficulty in the theory of sound. Phil. Mag. XXXIV. 401*. Challis. On spherical waves in an elastic fluid. Phil. Mag. XXXIV. 449*. Challis. On the views of the astronomer royal. Phil. Mag. XXXIV. 241.

Vorstehend ist die Literatur des Streites gegeben, den Herr Challis über die theoretische Bestimmung der Schallgeschwindigkeit angeregt hatte. Es kommen in diesen Aufsätzen keine neuen Gründe und Gegengründe zur Sprache ausser denen, welche schon in dem vorjährigen Berichte über diesen Gegenstand besprochen worden sind. Der Streit wird auf eine unfruchtbare Weise nur dadurch verlängert, dass Prof. Challis streng die veralteten Regeln des Disputirens festhaltend, viele Weitläufigkeiten hervorruft, und dabei den Sinn von keinem einzigen Argumente seiner Gegner versteht. 94 Ich halte es deshalb für unnöthig, weiter über den Verlauf des Streites zu berichten, den übrigens auch beide streitende Theile abgebrochen haben.

Zu erwähnen ist nur die numerische Bestimmung der Schallgeschwindigkeit, welche Challis für seine Schallstrahlen (rayvibrations) giebt, und zwar an zwei Stellen, Phil. Mag. XXXIV. p. 98 und 364. Diese Art der Luftbewegung wird durch ein besonderes particuläres Integral der aërodynamischen Gleichungen ausgedrückt, und kann der Anschauung am besten zugänglich gemacht werden, wenn man ein System ebener Wellen um eine beliebig durch dasselbe gezogene gerade Linie als Axe gedreht denkt und alle die Wellensysteme, welche

Nun

durch die verschiedenen Lagen des gedrehten Systems gegeben sind, als gleichzeitig vorhanden annimmt. In der Axe findet dann eine Wellenbewegung statt, wobei sich die Lufttheilchen nur in der Richtung der Axe verschieben, und die einzelnen Wellenphasen sich mit grösserer Geschwindigkeit fortpflanzen als in ebenen Wellen, und zwar ist die Fortpflanzung desto schneller, je grösser der Winkel ist, den die Drehungsaxe mit den Normalen der elementaren ebenen Wellen bildet. Rings um die Axe findet nicht blos ihr parallel, sondern auch senkrecht gegen sie gerichtet eine Bewegung der Lufttheilchen statt, doch giebt es eine Anzahl von concentrischen Cylinderflächen, in denen, wie in der Axe, die Bewegung dieser nur parallel ist. Diese Cylinderflächen haben nicht überall gleiche Abstände von einander, wohl aber werden ihre Abstände in unendlich grosser Entfernung von der Axe einer Constanten gleich, welche Challis auf Seite 94 mit 4 bezeichnet. stellt er die Behauptung auf, dass der halben Wellenlänge längs der Hauptaxe gleich sei, ohne Gründe dafür anzuführen. Es entspricht dieser Fall der Annahme, dass die Drehungsaxe mit der Normale auf den elementaren ebenen Wellen einen Winkel von 32o° 29′ bilde, und die Rechnung ergiebt dann die Fortpflanzungsgeschwindigkeit zu 1086 engl. Fuss, während die Beobachtungen 1089 ergeben, was allerdings sehr viel näher stimmt, als es die theoretisch berechnete Geschwindigkeit der ebenen Wellen thut, wenn man die Erwärmung der Luft durch Druck vernachlässigt. Die Betrachtung der besprochenen Be95 wegungsart, als eines Systemes ebener Wellen, gegen welche Challis allerdings protestirt, weil er überhaupt die Möglichkeit ebener Wellen nicht zugeben will, zeigt gleich, dass gar kein Grund vorhanden ist einen Winkel bei der Zusammensetzung besonders hervorzuheben, und dass dieselbe mit jedem beliebigen Winkel möglich sein muss. Ebensowenig ist dem Berichterstatter gelungen aus der Betrachtung der Differentialgleichungen, welche Challis zu Grunde legt, einen solchen einzelnen Werth der betreffenden Constanten herzuleiten, sondern dieser Werth bleibt vollkommen willkürlich. Daher ist jene Bestimmung der Schallgeschwindigkeit auch willkürlich und ihre Uebereinstimmung mit dem Versuch nur zufällig.

Challis hatte aus den exacten aërodynamischen Gleichungen nachgewiesen, dass wenn a die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles ist und die Geschwindigkeit, mit der sich die Lufttheilchen in einer bestimmten Wellenphase bewegen, die Wellenphase mit der Geschwindigkeit a+v vorrückt. Daraus folgt, dass die Phasen mit negativem v einer Welle schliesslich von denen mit positivem v der nachfolgenden eingeholt und endlich überholt werden müssten. Weil an einem und demselben Orte in der Luft nicht gleichzeitig verschiedene Wellenphasen mit verschiedenem Druck und verschiedener Geschwindigkeit stattfinden können, schloss Challis weiter, dass ein solches Ueberholen der Wellen und also auch überhaupt ebene Wellen nicht möglich seien. (Siehe den vorjährigen Bericht.) Stokes erinnerte dagegen, dass die hydrodynamischen Gleichungen die Voraussetzung continuirlich ineinander übergehender Grössen des Drucks und der Geschwindigkeit machten, aber nicht mehr passten, wo plötzliche Sprünge dieser Grössen stattfanden; ein solcher Sprung trete aber ein, wo eine Wellenphase die andere einholte. Alle Integrale dieser Gleichungen hätten also auch nur Gültigkeit bis zu diesem Augenblicke und nicht weiter. Er verglich das Eintreten dieses Falls mit einer brandenden Wasserwelle. Letzteren Vergleich führt Airy in dem oben angeführten Aufsatze noch weiter durch, indem er auf die Aehnlichkeit der Gleichungen für die Luftbewegung mit denen aufmerksam macht, welche er für die Wellenbewegung in einem Canal von endlicher Tiefe in der Encyclopaedia Metropolitana Art. ,,Tides and Waves" ent- 98 wickelt hat. Auch die letzteren führen zu einem kritischen Zustande der Bewegung, auf den die hydrodynamischen Gleichungen nicht mehr anwendbar sind, und der sich in der Wirklichkeit durch das Branden der Wellen äussert. Ebensowenig, wie aus der analytischen Schwierigkeit folge, dass in einem Flusse nicht geradlinige Wogen vorkommen könnten, dürfe man aus ihr mit Challis die Unmöglichkeit ebener Luftwellen schliessen. Airy fügt noch die Meinung hinzu, dass diese Brandung der Luftwellen dem Klange des Zischens, oder des S, vielleicht auch des R entspräche. Er beruft sich darauf, dass das S nicht durch das Echo zurückgegeben werde, eben

sowenig wie brandende Wasserwogen als solche von einer geraden Wand reflectirt würden, und zweitens darauf, dass zischende Geräusche sich längs der Oberfläche gebogener Mauern (whispering galleries) in auffallender Stärke fortpflanzten, was bei anderen regelmässig reflectirten Tönen nicht der Fall sei. Ebenso sehe man auch brandende Wellen weite Strecken an Mauern hinlaufen, unter Umständen, wo regelmässige Wellen reflectirt würden. In seiner Entgegnung auf diese Bemerkungen wiederholt Challis nur seine früheren Behauptungen über die Unmöglichkeit ebener Wellen, und führt als Gegengrund gegen die Veränderung in der Form der Schallwellen bei ihrer Fortpflanzung an, dass nach Biots Versuchen Worte durch Röhren von 3120 Fuss Länge deutlich gehört werden können. So lange wir indessen nichts Bestimmtes über die Grösse der Excursionen der Lufttheilchen bei den Schallschwingungen wissen, können wir auch nicht beurtheilen, ob die Aenderungen der Schallwellenform gross genug sind, um bemerkt zu werden.

In einer Note von R. Moon aus den Verhandlungen der Cambridge Philosophical Society werden die Einwürfe von Challis gegen die bekannte Art, den grösseren Werth der beobachteten Schallgeschwindigkeit im Vergleiche zur berechneten durch die Wärmeentwicklung zu erklären, beseitigt. In der aërodynamischen Gleichung, welche man mit Berücksichtigung der Temperaturänderung in der bekannten Weise erhält, kommt als Summand ein Glied vor, welches mit dieser Temperaturänderung multiplicirt ist; dessen übrige Factoren 97 aber von derselben Ordnung sind, wie die übrigen Summanden der Gleichung; an diesem Gliede hatte Challis Anstoss genommen, weil es in der gewöhnlichen Behandlung der Gleichung nicht berücksichtigt würde. Moon erinnert daran, dass bei verschwindend kleinen Schwingungen die Temperaturänderung selbst verschwindend klein sei, und also das besprochene Glied, so lange es sich nur um die erste Annäherung handele, gegen die übrigen zu vernachlässigen sei, wie es bisher schon immer geschehen ist.

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