derquelle auch hier dem neuen Christenglauben wich, hineingeworfen worden oder hineingefallen sein. Zu alle diesen Einzelheiten bieten aufserdem die in anderen antiken Heilquellen gemachten Funde schlagende Analogieen. In dem von W. Henzen sorgfältig beschriebenen Funde von Vicarello, den Aquae Apollinares'), ist ausser der Masse des aes rude und signatum, den zahlreichen Münzen und Gefäfsen auch eine kleine steinerne Basis mit griechischer Widmung an den Apoll, den Gott der dortigen Heilquelle, gefunden worden, welche, wie die kleinen Altärchen von Procolitia, unzweifelhaft irgend ein Weihgeschenk zu tragen bestimmt war. Der Gebrauch des Hineinwerfens von Weihegaben in heilige Quellen wird mehrfach ausdrücklich bezeugt. So vom lacus Curtius auf dem römischen Forum, in welchen omnes ordines (die Stände der römischen Bürgerschaft) quotannis ex voto pro salute eius (des Augustus) stipem iaciebant (Sueton Aug. 57); von der Quelle des Clitumnus, von welcher der jüngere Plinius rühmt, sie sei so klar gewesen ut numerare iactas stipes et relucentes calculos possis (epist. VIII 8, 2). Die schon von Henzen angeführten Funde im See von Falterona in Etrurien 2) und von Amélie-les-bains bei Arles3) waren ganz ähnlicher Art. Bei weiterem Nachsuchen ergeben sich gewiss noch andere Beispiele; von den englischen Antiquaren ist noch auf eine solche Heilquelle in der Nähe der Seinequellen in Frankreich hingewiesen worden. Aus den nächsten Umgebungen der Fundstelle, aus Northumberland und Schottland, führen sie den Gebrauch, Gaben in die für zauberisch wirksam geltenden Quellen zu werfen, als vielfach glaubwürdig bezeugt und theilweis bis in die jüngste Vergangenheit dauernd an. Zu dem allen kommt aber nun noch ein völlig entscheidender Umstand hinzu. In den Aquae Apollinares sind, wie schon gesagt, ausser den Geldstücken eine ganze Anzahl von Trinkgefäfsen aus Silber und Erz gefunden worden, darunter die drei berühmten Silberbecher, welche das Itinerar von Gades bis Rom eingraviert tragen (Henzen 5210). An mehreren dieser Becher befinden sich 1) Rhein. Mus. 9 (1854) S. 20 ff. 2) Bullettino dell' Instituto 1838 S. 65 und 1842 S. 179; vgl. Prellers röm. Mythologie S. 522. 3) Revue archéologique 4 (1847) S. 409. inschriftliche Weihungen an den Apoll, den Silvan und die Nymphen (Henzen 5701. 5767). Sie sind also unzweifelhaft Weihegaben, von den zum Theil weither kommenden Kurgästen der Gottheit der Quelle zum Dank für die Heilung gestiftet. Auch das Wasser der Quelle von Procolitia wurde getrunken; nicht umsonst halten die drei Nymphen des Reliefs die Trinkbecher in der Rechten. Silberne und erzene Trinkbecher scheint man freilich der Conventina nicht geweiht zu haben, wenigstens hat sich nichts dergleichen gefunden. Dafür aber sind zwei Thongefäfse zum Vorschein gekommen, wie ich oben schon angab, in der Schicht unter dem Relief mit den drei Nymphen liegend, von augenscheinlich einheimischer, ganz primitiver Arbeit, mit eingeritzten Inschriften versehen, welche über die Bestimmung der Gefäfse keinen Zweifel übrig lassen. Sie sind 85% und 81/2" (etwa 18 Centim.) hoch und am oberen Rande 71/2 und 83/8" weit; das Gefäfs Nr. 13 ist etwas spitzer und schmaler von Umfang als Nr. 14. Die röthliche Thonerde, aus der sie bestehen, ist, wie die Finder versichern, in jenen Gegenden gewöhnlich; die Schriftzüge sind vor dem Brennen eingeritzt; Glasur fehlt. Das eine (13) hat die Form eines vierseitigen Altars mit roh angedeuteten spitzen Giebelseiten, die von an den Ecken angebrachten Säulen getragen werden; über den Giebeln erweitert sich der obere Rand zu einer Art von Blattkelch; der untere Rand besteht aus basisartig vortretenden Rändern. Auf den vier Seitenflächen steht die Inschrift. Das andere Gefäfs (14) sieht mehr wie ein Korb aus; der obere Rand ist ein weit vortretender Blattkelch, der untere ist reicher gegliedert wie der des andern und mit Buckeln und Streifen verziert. Um den Bauch läuft eine durch Pilaster angedeutete Eintheilung in neun Flächen, von denen acht die Inschrift tragen; die neunte scheint etwas zu füllen, das fast wie eine Weintraube aussieht, aber nur ein missglücktes V ist. Der innere Boden beider Gefäfse liegt ziemlich hoch, etwa in der Linie der Krönung; die Aushöhlung des Fufses mag nur, um den Gefäfsen gröfsere Leichtigkeit zu geben, angebracht worden sein. Der obere Theil zeigt eine flache kelchförmige Aushöhlung, welche an sich sowohl als Becher gedient haben kann als zum Hineinlegen irgendwelcher Weihegaben. Aber für das Aufstellen von Weihegaben eigneten sich offenbar steinerne Untersätze besser als diese leichten Thonarbeiten. Neben den, wie die gefundene Anzahl derselben zeigt, üblichen steinernen Altärchen oder Basen für Weihgeschenke ist es daher das Einfachste, die Thongefäfse für wirkliche Trinkbecher, freilich von sonderbarer und vielleicht absichtlich den Altar oder die Basis für ein Weihgeschenk nachahmender Form, anzusehn. Diese Form lässt sich dadurch erklären, dass die Becher eben nicht zu wirklichem Gebrauch, sondern zu Weihegaben bestimmt waren. Wäre nur der zweite dieser Becher allein gefunden worden, kein Oedipus würde im Stande gewesen sein, das Räthsel der flüchtig eingeritzten Schriftzüge zu lösen. Die Vergleichung der Aufschrift desselben aber mit der des ersten zeigt deutlich, das die zweite nur eine abgekürzte Variante der ersten ist. Denn so steht in zwar ebenfalls flüchtigen aber keinem Zweifel Raum lassenden Zügen, von denen mir ein genaues Facsimile vorliegt, auf dem ersten Gefäfs: 13. 1 Cove❘tina Agusta | 2votu | man|ibus su[s] | 3 Satu|rni|nus | 4 fecit Gabinius • Und auf dem zweiten: 14. 1 Cv 2 cst 3 Sa 4 tu 5r 6 ni 7 Cabin 8 us Das ist in gewöhnlicher Schreibung unzweifelhaft: 9 v. Covetinae Augustae votum manibus suis Saturninus fecit Die zweite Inschrift enthält offenbar (oder sollte vielmehr enthalten) denselben Text nur in verkürzter Fassung: Covetinae Augustae Saturninus Gabinius votum. Dass hierin das Wort Augustae oder Agustae uur durch die Zeichen cst ausgedrückt wird, ist freilich völlig regellofs; vielleicht sollte noch ein schräger Strich vor dem c (oder g) das a andeuten, ward aber nicht tief genug geritzt und blieb so undeutlich. Die Schriftformen sind auch in diesen Graffiti noch quadratisch; doch nähern sie sich theilweis ebenfalls schon der Cursive. Von den bisher bekannten Formen abweichend ist nur das drei Mal vorkommende B in dieser Form 2; die bisher bekannten ähnlichen Formen (wie ), die ebenfalls aus b hervorgegangen sind, stellt die Schrifttafel zum C. I. L. Bd. IV zusammen. Die vulgären Schreibweisen, die Dative in a, Agusta ohne Diphthong, votu ohne Schluss-m, sus (der Rest eines s am Schluss ist noch erkennbar) für suis, die Umstellung von Nomen und Cognomen, welche ja auch der silbernen Latinität geläufig ist, alles dies stimmt sehr gut zu dem Inhalt, wonach Gabinius Saturninus, der Stifter dieser Becher, dieselben mit eigener Hand verfertigt hat. Vielleicht war er nicht einmal ein Töpfer von Profession, sondern hat die Gefäfse nur als Liebhaber in frommer Verehrung für die Quellgottheit eigenhändig gearbeitet. Die Göttin der Quelle erhält hier den erhabenen Beinamen Augusta, wie ihn fast sämmtliche grofsen und kleinen, einheimischen und fremden Gottheiten des römischen Olymps etwa von der Mitte des ersten Jahrhunderts ab in wohl nur scheinbar regelloser Willkür führen. Eine Untersuchung über den Grund und die Ausdehnung dieser Bezeichnungen ist meines Wissens noch nicht geführt worden; wie viele Aufgaben ähnlicher Art harren noch der Lösung. Diese beiden an sich werthlosen Becher passen durchaus nicht zu der Vorstellung von einem vergrabenen Schatz; es kann vielmehr durchaus keinem Zweifel unterliegen, dass wie sie so auch die Münzen, die Votivtafeln und die Altäre, und gewiss noch manche andere Gaben von den an der Quelle der Conventina Heilung Suchenden oder Findenden als Weihegaben dargebracht worden sind. Im nördlichen Spanien ist das Wasser einer Heilquelle nach auswärts versandt worden, wie sich aus der nicht misszudeutenden Darstellung auf einer bei dieser Quelle gefundenen silbernen Schale nachweisen lässt'). Im nördlichen England finden wir eine Heilquelle, welche von den Mitgliedern der nächstgelegenen römischen Garnison benutzt und verehrt wird genau unter denselben Formen, wie die berühmtesten und besuchtesten Bäder in Asien, Griechenland und Italien. Dies Ergebniss ist zwar in keiner Weise auffällig, aber es darf doch den Reiz der Neuheit für sich in Anspruch nehmen. Der neuerlich mit so überraschenden Erfolgen zur Anwendung gebrachte Grundsatz, bei allen Ausgrabungen so tief wie möglich zu gehen und nicht abzulassen bis man wirklich auf den Grund gekommen, hat sich auch hier bewährt. Möge man ihn vorkommenden Falls beherzigen; der Erfolg wird nicht ausbleiben. 1) S. meinen Aufsatz über die Heilquelle von Umeri in der archäologischen Zeitung 31, 1874 S. 115 Taf. II. E. HÜBNER. Da die Inschrift Cuberni neben Cugerni unzweifelhaft sicher stellt, so ist natürlich das in allen Handschriften bei Plinius hist. nat. IV § 106 überlieferte Guberni nur in Cuberni und nicht weiter zu verändern. Um die beiden Formen zu vermitteln, muss man Cuverni ansetzen als dem deutschen Namen am nächsten stehend. Derselbe Name oder auch nur ein im Stamme ähnlicher kommt sonst, meines Wissens, nicht vor. Aber Quëverna, Quiverna von got. quius (Gen. quivis) vivus (nhd. queck, quick, keck) liefse sich ganz wohl denken, wie got. viduvairns oopavós von viduvô, ahd. dëorna, altn. perna puella, serva von einem altgermanischen përa, und wie auch wohl ein lateinisches Viverna von vivus sich denken liefse; jedesfalls ähnlich muss der deutsche Name gelautet haben. K. MÜLLENHOFF. |