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den Thatsachen vollständig zu bewahren, aber freilich bleiben die Constanten, von denen die Lage der Knotenflächen und die Phasenunterschiede in den einzelnen Theilen der Röhre abhängen, in der Theorie unbekannt. Dagegen hat Hopkins eine Reihe wichtiger Versuche über die Lage der Knotenpunkte und die Tonhöhe ausgeführt, um eine jener Constanten wenigstens empirisch zu bestimmen.

Duhamel1) stellte sich zur Aufgabe, den Einfluss der der Axe nicht parallelen Bewegungen in Röhren zu ermitteln. Da er aber für das offene Ende sich mit der einfachen Annahme begnügt, dass hier der Druck gleich Null sei, verschwindet der Einfluss, den die seitlichen Bewegungen der Lufttheile hier haben, aus seiner Rechnung, und er kommt zu dem Schlusse, dass die Differenz zwischen Theorie und Erfahrung nicht von dem Vorkommen solcher Bewegungen abhängt.

Masson) endlich vertheidigt die Theorie von Poisson. im Ganzen und sucht die Uebereinstimmung zwischen ihr und der Erfahrung durch eine neue Hypothese über die Bewegungsart der Luft in dem der Anblaseöffnung nächsten Abschnitte der Luftsäule herzustellen.

Uebrigens ist es klar, dass, sobald die Gestalt des ganzen Luftraumes, sowohl des inneren der Pfeife als des äusseren, gegeben ist wir nehmen ihn im Folgenden immer als von festen Wänden begrenzt an- und wenn ferner die den Schall erregenden Kräfte gegeben sind, die Aufgabe mathematisch 5 vollständig bestimmt ist, und keine weitere Hypothese über den Zustand der Luft am offenen Ende einer Pfeife zu machen ist. Eine richtig angestellte Analyse der Aufgabe muss darüber vollständigen Aufschluss geben.

Akustische Untersuchungen, bei denen ich über die bisher unerledigten Punkte der Theorie Auskunft brauchte, waren für mich die Veranlassung die Untersuchung aufzunehmen, in welcher Weise sich ebene Schallwellen, die in der Tiefe einer cylindrischen Röhre erregt worden sind, bei ihrem Uebergange in den freien Raum verhalten, und ich habe gefunden, dass die

1) Liouville Journal, Tom. XIV, p. 49.

2) Annales de Chimie et de Physique, Sér. 3, Tom. XL, p. 418.

gegenwärtigen Hülfsmittel der Analysis ausreichen, über die wesentlichen hier in Betracht kommenden Fragen genügende Auskunft zu geben, ohne dass es nöthig ist, irgend eine Hypothese zu machen.

Die Kräfte der Analyse sind in den bisherigen Arbeiten. über Theorie des Schalles hauptsächlich darauf hin angespannt worden, den Verlauf einer ursprünglich vorhandenen Gleichgewichtsstörung in einer Luftmasse, die übrigens keiner Einwirkung fremder Kräfte unterliegt, zu bestimmen. Bei den Tönen der Pfeifen ist aber dieses Problem von verhältnissmässig untergeordneter Wichtigkeit. Es handelt sich hauptsächlich darum die Schwingungsform zu ermitteln, welche schliesslich sich dauernd herstellt, wenn die die Schwingungen erregende Ursache dauernd und gleichmässig fort wirkt. Es ist ferner unnöthig, dass wir die Analyse durch Beibehaltung der willkürlichen Functionen verwickelter machen, welche die Form der ursprünglich erregten Schwingung ausdrücken. Wir werden vielmehr voraussetzen, dass diese Vibrationen denen eines einfachen Tones von n Schwingungen in der Secunde entsprechen, also von der Form cos (2ant+c) sind. Die Willkürlichkeit der Form würde sich ja auch nach erfolgter Auflösung des Problems immer leicht herstellen lassen durch Zusammensetzung einer grösseren Zahl von solchen einfachen Tönen.

Da somit die Form der Aufgabe etwas anders gefasst wird, als es in den akustischen Untersuchungen bisher geschehen war, ist es nöthig in den ersten fünf Paragraphen einige allgemeine Untersuchungen über die Natur der hier vorkommenden Functionen vorauszuschicken. Es zeigt sich, dass wir es dabei mit Functionen zu thun haben, die, wenn die Wellenlänge unendlich gross wird, übergehen in die Formen der elektrischen (oder magnetischen) Potentialfunctionen und dass eine ganze Reihe der interessanten Eigenschaften, die für diese Functionen bekannt sind, auch für jene gelten. Da ich schon in einer früheren Arbeit für die Function, deren Differential• quotienten nach drei rechtwinkeligen Coordinatenaxen genommen die drei entsprechenden Componenten der Geschwindigkeit geben, den Namen des Geschwindigkeitspotentials vorgeschlagen habe, so lässt sich diese Analogie auch weiter

in der Bezeichnung festhalten. Den elektrischen Massenpunkten entsprechen die Erregungspunkte des Schalles, der Masse der ersteren die Intensität der letzteren. Sind die letzteren continuirlich im Raume oder auf einer Fläche vertheilt, so lässt sich der Begriff der Dichtigkeit auf sie übertragen, und es lassen sich in beiden Fällen Beziehungen ganz analoger Art zwischen ihrer Dichtigkeit und den Differentialquotienten des Geschwindigkeitspotentials aufstellen, wie sie für die electrische Dichtigkeit und die Differentialquotienten der elektrischen Potentialfunctionen gelten.

Den Hauptnutzen gewährt aber die Uebertragung des Theorems von Green1) auf die hier vorliegenden Verhältnisse, welches sich schon für die Theorie der Elektricität und des Magnetismus so ausserordentlich fruchtbar gezeigt hat. Von allgemeinen Sätzen, die daraus herfliessen, sollen nur folgende hervorgehoben werden: 1) Die Schallbewegung in jedem allseitig begrenzten Raume, welcher keine Erregungspunkte enthält, kann stets dargestellt werden als ausgehend von Erregungspunkten, die nur längs der Oberfläche des Raumes in einer oder zwei einander unendlich nahen Schichten ausgebreitet sind. 2) In jedem Raume, dessen sämmtliche Dimensionen verschwindend klein gegen die Wellenlänge sind, können für das Geschwindigkeitspotential der Luftbewegung die analytischen Formen der elektrischen Potentialfunctionen gesetzt werden, welche von jenem nur unendlich wenig unterschieden sind. 3) Wenn in einem theils von endlich ausgedehnten festen Wänden begrenzten, theils unbegrenzten Raume Schall im Punkte a erregt wird, so ist das Geschwindigkeitspotential in einem anderen Punkte b so gross, als es in a sein würde, wenn dieselbe Schallerregung in b stattfände.

Speciell werden in § 1 die Bewegungsgesetze der Luft für die vorliegende Aufgabe umgeformt, in § 2 die allgemeinen Formen des Geschwindigkeitspotentials für einen von Erregungs

1) Journal für reine und angewandte Mathematik Bd. XLIV, S. 360.

punkten freien Raum untersucht, in § 3 die Beziehungen zwischen der Dichtigkeit continuirlich verbreiteter Erregungspunkte und dem Geschwindigkeitspotential festgestellt, in § 4 7 dieselben für Erregungspunkte, die continuirlich über eine Fläche verbreitet sind, und das Theorem von Green auf die Schallbewegung übertragen, in § 5 endlich werden die Grenzbedingungen für weit von den Erregungspunkten entfernte Flächen aufgestellt, durch welche die Wellen in den unendlichen freien Raum hinauslaufen.

Nachdem so die wichtigsten allgemeinen Gesetze der elektrischen Potentialfunctionen für die Lehre von den Schallwellen anwendbar gemacht worden sind, werden die allgemeinen Gesetze der Bewegung der Luft in Röhren mit offenen Mündungen durch wiederholte Anwendung des Green'schen Satzes in § 6 abgeleitet. Es wird hier zunächst vorausgesetzt, dass die Röhren unendlich lang und cylindrisch von beliebigem Querschnitt seien. Nur in einer so kleinen Entfernung von ihrer Mündung, dass deren Grösse gegen die Wellenlänge vernachlässigt werden kann, darf die Röhre in beliebiger Weise von der cylindrischen Form abweichen, und z. B. trompetenförmig erweitert oder verengt sein. Ebenso werden die Dimensionen der Oeffnung als sehr klein gegen die Wellenlänge betrachtet. Da auch die Gestalt des äusseren Luftraumes bestimmt sein muss, wird angenommen, derselbe sei durch eine gegen die Axe der Röhre senkrechte Ebene einseitig begrenzt, mit welcher auch die Ebene der Mündung zusammenfällt. Ueber die Bewegung wird vorausgesetzt, dass Vibrationen, die einem einfachen Tone von n Schwingungen angehören, irgendwo in der Röhre dauernd erregt werden, und dass zwischen der Erregungsstelle und der Mündung ein Abschnitt der Röhre existire, in welcher die Bewegung nicht merklich von der ebener Wellen unterschieden sei. Mittels des Green'schen Satzes kann man nun, ohne die specielle Form der Mündung und der Luftbewegung in der Mündung zu kennen, gewisse Beziehungen herleiten zwischen diesen ebenen Wellen und den sich halbkugelförmig ausbreitenden Wellen in den entfernten Theilen des freien Raumes, und dadurch die bisher offen gebliebenen Fragen über den Einfluss des offenen Endes auf die

ebenen Wellen beantworten, so weit sie allgemein beantwortet werden können.

Nehmen wir die Axe der Röhre als Axe der r, und die Ebene der Mündung als Ebene der yz, so dass der freie Raum den positiven, die Röhre den negativen entspricht, so ist bei passender Festsetzung des Anfangspunktes der Zeit t die allgemeine Form des Geschwindigkeitspotentials in dem Theile der Röhre, wo die Wellen eben sind, wenn wir die Wellenlänge gleich 2/k setzen:

[blocks in formation]

sin ka + B cos kx cos (2лnt) + cos kx. sin (2лnt).

In den unendlich entfernten Theilen des freien Raumes dagegen, wor die Entfernung vom Anfangspunkte der Coordinaten bezeichnet, ist:

[blocks in formation]

=

Nach Euler's Theorie würde B B = 0 sein, nach Poisson's B=0, B eine unbestimmte kleine Grösse, nach Hopkins' sowohl B wie B unbestimmte kleine Grössen, M bleibt in allen dreien unbekannt. Wir finden folgende Beziehungen, wenn wir unter Q die Grösse des Querschnitts der Röhre verstehen, und die Fläche der Oeffnung gegen das Quadrat der Wellenlänge als verschwindend klein betrachten:

[blocks in formation]

Zwischen A und B lässt sich keine allgemeine, von der Form der Mündung unabhängige Beziehung aufstellen. Nur lässt sich nachweisen, dass, wenn der Querschnitt der Röhre zur Fläche der Oeffnung ein endliches Verhältniss hat, A/B eine kleine Grösse von derselben Ordnung wie die Dimensionen der Oeffnung ist, die aber jeden beliebigen Werth annehmen kann, wenn die Oeffnung sehr klein gegen den Querschnitt ist.

[merged small][merged small][ocr errors][merged small]

und nennen dann die Grösse a x die reducirte Länge des Stückes der Röhre, welches zwischen x = 0 und x =

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