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In dieser Form hat sie die Form einer gewöhnlichen Be41 wegungsgleichung, wo rechts die auch von der Geschwindigkeit abhängige Kraft steht, und der Ausdruck links sich nur dadurch von den gewöhnlichen Gleichungen dieser Art unterscheidet, dass der Coëfficient der Beschleunigung nicht einfach die Masse ist, sondern eine Differenz, welche positiv bleibt, so lange r > e, aber gleich Null wird, wenn r = 0, und negativ, wenn r<g. Wir wollen o im Folgenden die kritische Entfernung nennen.

Die Weber'sche Voraussetzung, dass die letztgenannten Fälle nicht eintreten könnten, werden wir nachher discutiren. Wenn sie aber doch eintreten sollten, so wird die Beschleunigung unendlich gross werden müssen, so oft r=g, und sie wird in ihrem Zeichen dem Werthe der Kraft entgegengesetzt werden müssen, wenn r<g ist. Es wird alsdann eine jede Kraft, welche die Masse u in Richtung der wachsenden r vorwärts zu treiben strebt, bewirken, dass sie im Gegentheil rückwärts beschleunigt wird und umgekehrt, und ich bitte wohl zu bemerken, dass dies keineswegs nur eine Eigenthümlichkeit der elektrischen Abstossungskraft ee/rr sein würde, der man einige sonderbare Eigenthümlichkeiten vielleicht nachsehen würde, und die also in diesem Falle, wenigstens bei mässigen Werthen der Geschwindigkeit dr/dt, die Masse m, statt abzustossen, im Gegentheil heranziehen würde; sondern dasselbe würde auch gelten für die Einwirkung jeder beliebigen anderen mechanischen Kraft. Die Masse m wird sich verhalten, als hätte sie negative Trägheit.

Noch einfacher treten diese Verhältnisse heraus, wenn wir die Gleichung (1) mit dr/dt multipliciren, um die Gleichung für die Constanz der Energie zu bilden. Wir erhalten dann:

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Das letzte Glied ist die Arbeit, welche die Kraft R in der Zeit dt leistet. Setzen wir:

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Die Grösse R braucht in dieser Gleichung nicht nothwendig eine von der Art der Bewegung unabhängige Function der Coordinaten zu sein. Legen wir den Anfangspunkt der Zeit 42 t auf einen Augenblick, wo dr/dt = 0 ist, setzen auch R für denselben gleich Null, und rr, so ist:

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Wenn nun r>o ist, das heisst das Theilchen u sich im Anfang jenseits der kritischen Distanz befindet, ferner R einen solchen negativen Werth hat, dass

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ist, so wird die rechte Seite von Gleichung (2a) für negative Werthe von dr/dt positiv sein, und e sich dem e nähern, die Geschwindigkeit wachsen, zuletzt unendlich werden, sobald rg geworden ist.

=

Es braucht hierbei also die Kraft R nur eine endliche Grösse zu haben, und durch eine endliche Strecke hin zu arbeiten, also einen endlichen Betrag an Arbeit R zu leisten, um der Masse μ unendliche Geschwindigkeit mitzutheilen. Es geht hieraus zunächst hervor, dass es keineswegs nöthig ist, der Masse μ eine übermässig grosse Geschwindigkeit im Anfange mitzutheilen. In meiner früheren Arbeit war dies nur dadurch bedingt, dass ich keine Kraft R hinzugenommen hatte, und also die ganze Arbeit, welche nöthig ist die Masse u gegen die elektrische Abstossungskraft bis g heranzutreiben, ihr von Anfang an in Gestalt einer grossen Geschwindigkeit mitgegeben sein musste.

Da die hier gemachte kleine Abänderung des vorliegenden Beispieles die Nothwendigkeit einer grossen Anfangsgeschwindigkeit beseitigt, wird es unnöthig sein, die principiellen Bedenken zu erörtern, welche Hrn. Weber's Widerspruch gegen die Zulässigkeit einer so grossen Anfangsgeschwindigkeit (grösser als 12 mal der Lichtgeschwindigkeit) hervorrufen könnte.

§ 10. Ist die kritische Entfernung o immer eine moleculare Entfernung?

Der zweite Einwand von Hrn. W. Weber gegen die Anwendbarkeit der von mir aus dem eben besprochenen Beispiel gegen seine Theorie gezogenen Schlüsse ist auf die Annahme gestützt, dass die Entfernung eine ausserordentlich kleine, nur moleculare Entfernung sei, sodass was innerhalb derselben geschieht überhaupt unserer Wahrnehmung gar nicht zugänglich sei, oder durch das gleichzeitige Eingreifen anderer 43 molecularer Kräfte gehemmt werde, wie ja z. B. auch das Unendlichwerden der Geschwindigkeit zweier gravitirender Massenpunkte, wie es für die Entfernung r=0 eintreten müsste, dadurch vermieden wird, dass die molecularen Kräfte, welche der Volumverminderung beider Massen widerstehen, in das Spiel kommen, ehe die Entfernung Null erreicht wird.

Der Werth der Entfernung o ist:

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Ist das elektrische Theilchen e nur mit seiner eigenen Masse behaftet, so wird eu irgend einen bestimmten Werth haben. Enthält auch noch ponderable Masse, so wird elμ < ß sein.

μ

Ueber den Werth von ẞ wissen wir bisher gar nichts; es steht also der von Weber gemachten Annahme, dass 2e/ccμ=ß/cc=b eine ausserordentlich kleine Grösse sei, wenigstens nichts entgegen. Nur geht diese Annahme aus den bisher bekannten Thatsachen keineswegs hervor, sondern sie ist eben eine neue Annahme, welche Hr. Weber erst gemacht hat, um meinen Einwänden zu entgehen. Von der Masse u, wenn diese keinen ponderablen Bestandtheil enthält, weiss man nur, dass sie so

klein ist, dass sie sich bisher allen Messungen entzogen hat, während e allerdings sehr gross ist, aber doch gemessen werden konnte. Eben deshalb aber ist der Werth von ucc aus erfahrungsmässigen Daten nicht zu bestimmen, und es mag jede Hypothese über ihn als erlaubt angesehen werden.

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Aber wenn auch b eine äusserst kleine Grösse ist, so ist o doch nicht allein von b abhängig, sondern es ist obe', und e kann noch jede beliebige Grösse haben, folglich auch o. Dabei ist wohl zu beachten, dass wenn wir uns e' als eine kugelförmige Masse von bestimmter Dichtigkeit denken wollten, sei es als elektrisches Fluidum, sei es als einen mit Elektricität einer Art durchdrungenen oder bedeckten Isolator, bei wachsendem é der Durchmesser dieser Kugel wie Vé oder wie Ve wachsen würde, je nachdem é im Innern oder an der Oberfläche angesammelt ist, o aber wie e selbst, also viel schneller, und dass wir also durch entsprechende Vergrösserung von é der Grösse o jede beliebige endliche Grösse, und ihrem Endpunkt jeden beliebigen Abstand von der Oberfläche der elektrischen Masse é geben können.

Daher ist auch weiter schon hier klar, dass, wenn wir e immer grösser und grösser werden lassen, schliesslich die 44 kritische Entfernung zum Durchmesser der Masse é jedes beliebig grosse Verhältniss erreichen kann, sodass zuletzt auch dieser Durchmesser wieder gegen o verschwindend klein wird, und dann das einfache Weber'sche Gesetz wieder angewendet werden kann, wie es für zwei Massenpunkte gilt. Für die dazwischen liegenden Fälle, wo die linearen Dimensionen von e' endlich gegen sind, würden dagegen Integralausdrücke zu bilden sein, von denen wir einige der einfachsten Formen im nächsten Paragraphen bilden werden.

Hr. Weber selbst hat einen etwas anderen Ausdruck für gewonnen, weil er beide elektrische Massen als beweglich betrachtet; sind deren träge Massen u und u', so ist der Werth:

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Lässt man e' und sehr gross werden, so führt dieser Ausdruck auf dieselben Schlüsse, die ich eben gezogen habe.

Helmholtz, wissensch. Abhandlungen.

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Wenn man also nicht willkürliche, und durch den ursprünglichen Sinn des Weber'schen Gesetzes in keiner Weise gebotene Beschränkungen für die Grösse der elektrischen Quanta e und e festsetzen will, so folgt aus den angestellten Betrachtungen, dass, selbst wenn man Hrn. Weber's Annahme über den Werth der Constanten e/ucc acceptirt, die kritische Entfernung keineswegs immer eine moleculare Entfernung sein wird, sondern jede beliebige. endliche Grösse erreichen kann. Es kann also das Zustandekommen unendlicher Geschwindigkeit der bewegten Masse μ, oder dieses Zustandes, den ich kurz als negative Trägheit bezeichnet habe, innerhalb der Entfernung o auch durch Molecularkräfte keineswegs verhindert werden.

Wenn nun o bé eine endliche Grösse ist, so wird die elektrische Abstossungskraft, welche von der Kraft R des § 9 überwunden werden müsste, im Maximo sein:

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Je grössere und somit o wird, desto kleiner wird die Kraft, die zur Annäherung bis zur Grenze o nöthig wird, sodass schliesslich jede der Masse u proportionale Kraft, wie die Schwere gu, bei hinreichender Vergrösserung von é dazu ausreichen würde.

Nun ist die Constante e gemessen und sehr gross gefunden 45 worden, die Constante b von unbekannter Grösse und, nach Hrn. Weber's Annahme, vielleicht sehr klein. Dann würde es allerdings für unsere praktischen Hülfsmittel wahrscheinlich unmöglich werden, soviel Elektricität e zu sammeln, dass die Schwere oder eine zur Schwere in endlichem Verhältnisse stehende Kraft. die allein auf die Masse u wirkte, für die Ausführung des Versuches zureichte. Wenn wir aber das Weber'sche Gesetz als ein wirklich elementares anerkennen sollen, als ein solches, welches den letzten Grund der betreffenden Erscheinungen vollständig ausspricht, und nicht nur als einen angenähert richtigen Ausdruck der Thatsachen für gewisse engere Grenzen, so müssen wir verlangen, dass es, auch auf Objecte von den denkbar grössten Dimensionen angewendet, Folgerungen gebe, die physikalisch möglich sind.

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